Der Song des Tages (7): „Waltzing Matilda“ / „Tom Traubert’s Blues“

betr.: 102. Geburtstag von Canberra als Hauptstadt Australiens

“Waltzing Matilda“ ist kein Walzer (- na gut, das ist der Klingelton „Garden Waltz“ auf meinem Mobiltelefon auch nicht), aber das läßt sich aufklären: „waltzing“ bezieht sich auf die „Walz“, also die Unbehaustheit der Wanderarbeiter in der Urfassung des Liedes, Matilda wiederum ist die alte Bezeichnung für den Umhängebeutel, in dem die Tramps ihre Habseligkeiten transportierten.
Down Under gilt es inzwischen als erwiesen, dass das Lied auf den Schafscherer-Streik von 1894 zurückgeht,. Es berichtet von einem Landstreicher, der ein widerspenstiges, schur-unwilliges Schaf eingefangen und sich lieber in einem Wasserloch im Outback ertränkt hat, als durch eine Festnahme seine Freiheit zu verlieren. Die Melodie stammt aus Schottland, brachte es aber kurzzeitig zur australischen Nationalhymne. In diese Zeit fallen die Olympischen Spiele 1976 in Montreal, doch schon im folgenden Jahr wurde „Advance Australia Fair“ als alleinige australische Hymne festgelegt.
Dieses Quizwissen habe ich nur mal vorausgeschickt – danke für die Geduld. Ich als eher reisemuffelige Mitteleuropäer verbinde mit dem Lied eine andere Geschichte.

1959 inszenierte Stanley Kramer einen bemerkenswerten Film: „On The Beach“ / „Das letzte Ufer“. Er spielt darin mit der (damals keineswegs unbegründeten) Atomkriegs-Paranoia des Kalten Krieges: Bis auf Australien ist der gesamte Planet für die menschliche Rasse unbewohnbar geworden. Die atomare Wolke bewegt sich auf dieses „letzte Ufer“ zu, und die Überlebenden genießen einen letzten Sommer: wir sehen sie beim Müßiggang, beim Sonnenbaden und dem Besuch von Autorennen – und bei der Planung eines kollektiven Selbstmordes, z.B. mit einem vergifteten Tee, der an die Bevölkerung verteilt wird. Die Kluft zwischen den zumeist heiteren Bildern und der bedrückenden Thematik (heute würde man von einer Text-Bild-Schere sprechen) ist ein imposantes Stilmittel.
Der Film ist für heutige Verhältnisse vielleicht
etwas langsam erzählt, aber fabelhaft geschrieben und prominent besetzt. Die Besetzungsliste – Gregory Peck und Ava Gardner, Fred Astaire (dessen angestammtes Genre, das Filmmusical, im vorigen Jahr zugrundeging, so dass er nun dramatische / nichtmusikalische Rollen spielt) und Anthony Perkins, der wenig später in „Psycho“ zur Rolle seines Lebens finden sollte – deutet auf einen Glamour hin, den der Film nicht liefern möchte.
Der Komponist Ernest Gold schrieb die Filmmusik dazu auf der Grundlage von „Waltzing Matilda“. Sie ertönt auch über den Schlussbildern mit der nun entvölkerten Welt.

Tom Waits baute die so erlangte weltweite Popularität des Songs mit seiner Version weiter aus: „Tom Traubert’s Blues“, und zwar im schon erwähnten Olympia-Jahr. (Ich bevorzuge allerdings die Cover-Version von Rod Stewart.) Diesmal geht es nicht um schottische bzw. australische Folklore oder das Weltende sondern um Alkoholismus. Und wieder ist es unmöglich, sich der tragischen Magie dieser Melodie zu entziehen.

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