Simultandolmetschen – Eine Erfolgsgeschichte

Das Simultandolmetschen hat sich im Deutschen Fernsehen sehr spät durchgesetzt. Ein entscheidendes Ereignis war ein ARD-Interview mit einem der berühmtesten Menschen der frühen 80er Jahre – Larry Hagman, Darsteller des Bösewichts „J. R.“ in der Serie „Dallas“ – mit dem Talkmaster Alfred Biolek. Bisher war es in TV-Sendungen üblich gewesen, eine Frage erst auf Deutsch zu stellen, sie dann in holprigem Englisch zu wiederholen und die Antwort des internationalen Gastes danach fürs Publikum (das noch nicht so gut Englisch verstand wie wir Heutigen) zu übersetzen. Folglich dauerten solche Promi-Talks immer nur wenige Minuten. Während Reportagen auch nachträglich ge-voice-overt werden konnten, wollte Bio vor Publikum und eine Dreiviertelstunde am Stück mit seinem Star plaudern. Da kam die Simultantechnik gerade recht, die bislang nur politischen Gesprächen vorbehalten gewesen war. Danach war das Eis gebrochen.

Ohne die schnelle mündliche Übersetzung von einer Sprache in die andere wären nicht nur Fernsehshows wie „Wetten dass..?“ unvorstellbar gewesen, auch internationale Konferenzen würden nicht funktionieren. Die Nürnberger Prozesse – gewissermaßen der Durchbruch dieser Methode – hätten viermal so lange gedauert, wäre es nicht allen Beteiligten möglich gewesen, den vielsprachigen Ausführungen parallel per Kopfhörer zu folgen.

Schon eines der frühesten überlieferten Beispiele des Simultandolmetschens war mit dem Dritten Reich befasst: 1934 dolmetschte der Franzose André Kaminker (wiederum im Nürnberg) live eine Hitler-Rede auf einem Parteitag für das französische Radio. Zuvor war das Konsekutivdolmetschen üblich gewesen: während einer Rede hörte der Dolmetscher zu, machte Notizen und verlas anschließend die Übersetzung – so lief es beim Völkerbund, dem Vorläufer der UN.
Die Fähigkeit, gleichzeitig zuzuhören, zu übersetzen und das soeben Übersetzte parallel laut vorzutragen, wurde dem Menschen noch nicht zugetraut. Aber auch heute, da wir es längst besser wissen, macht das Prinzip der Gleichzeitigkeit das simultane Dolmetschen zu einer besonderen Herausforderung.* Während im Alltag das „Äh“ eine Wortfindungsschwierigkeit verrät, gilt es beim Simultandolmetschen die Maxi-Version zu vermeiden: „Örömmöö-Ömmöö“.
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* Siehe dazu auch:

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