Apokalypse allenthalben

Eine Rezensionskritik

Das „Hamburger Abendblatt“ hasst nichts so sehr wie negative Beurteilungen (wohlgemerkt: im aktiven Sinne). Filmkritiken in diesem Blatt sind im schlimmsten Fall Inhaltsangaben, die sich um eine Bewertung hanseatisch-zurückhaltend herumdrücken. Wenn also immerhin so verklemmt geflucht wird wie im Fall der Besprechung des musikalischen Dramas „The End“, darf man beim betreffenden Film von einem infernalischen Blödsinn auf der Höhe der Zeit ausgehen.
Die Problematik sowohl der Verweigerung einer Kulturkritik, die diese Bezeichnung verdient – und das ist weiß Gott nicht nur im „Abendblatt“ so – als auch der Fähigkeit der darin betrachteten Entertainment-Branche, Diskurs und Fiktion auseinanderzuhalten, wird bereits am Beginn des Artikels deutlich: „Die beiden Genres schließen sich eigentlich aus: Endzeitdramen handeln vom Ende der Welt und vom harten Überlebenskampf unter widrigsten Umständen in der Öde, die noch übrig geblieben ist. Musicals dagegen sind der Inbegriff des Eskapismus, wo man sich in eine schönere, buntere Welt träumt, singt und tanzt. Beides zusammen, das kann eigentlich nicht gut gehen. Aber genau das Joshua Oppenheimer gereizt, als er beide für seinen Film ‚The End‘ gekreuzt hat. Ein postapokalyptisches Musical, das heute in die Kinos kommt. Mit Songs, die nicht Gefühle transportieren, sondern Lügen“
Diese Textpassage enthält viel Wahres, dies aber eher zufällig bzw. versehentlich. Zunächst einmal ist nicht jeder Film, in dem Leute singen, gleich ein Musical. Aber mit dieser Verkürzung bewegt sich der Autor durchaus im aktuellen (laienhaften, nicht journalistischen) Trend. Dass eine Kombination von Endzeitdrama und Musical in kreativeren Zeiten als der unsrigen durchaus möglich gewesen wäre, ändert wiederum nichts an der gemachten Bestandsaufnahme. Der Hinweis, dass Musicals der Inbegriff des Eskapismus seien, gehört in die Vergangenheit und ist in dieser nicht-konjunktivischen Form nachlässig.

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