betr.: Das SR-Hörspiel „Glückliche Kinder“ (1995)
Tief vergraben auf der Homepage des Saarländischen Rundfunks findet sich ein skurriles Werk, das unter „Hörspiel“ einsortiert ist, obwohl es sich um eine Lesung mit Soundtrack handelt: „Glückliche Kinder“ des Dänen Kim Fupz Aakeson. Es liest der Schauspieler Thomas Thieme, der dem ohnehin finsteren Text seine ganze Schurkendarstellerei angedeihen lässt.
„Glückliche Kinder“ ist in eine Dystopie, wie uns der Begleittext verrät. Ohne diesen Hinweis wirkt die Geschichte fast noch besser, Sätze wie „Es regnet fast ununterbrochen. Bislang unbekannte Krankheiten treten auf.“ sind überdies reichlich angestaubt. Die Ausgangssituation der Geschichte könnte sogar in die Gegenwart passen, sich unbemerkt herausgebildet haben und uns eines Tages in Form einer Statistik überraschen: es greift um sich, dass immer mehr Eltern ihre Kinder verlassen, sich nachts aus dem Staub machen und die Kleinen zurücklassen. In eigens dafür errichteten Heimen fristen diese armen Würmchen ein schlimmes Dasein.
Der Ich-Erzähler ist namenlos, wie auch alle übrigen Personen. Er berichtet, wie er eines Tages den Auftrag erhält, zusammen mit einer Fotoreporterin in einer solchen Einrichtung für eine Story zu recherchieren. Unter den verwahrlosten, kränklichen Insassen entdeckt er ein frohgemutes, zutrauliches, wohlgenährtes Exemplar, das seltsam dinghaft und zutraulich wirkt. Diese Begegnung irritiert ihn so sehr, dass er auf eigene Faust auch in anderen Heimen zu recherchieren beginnt. Überall findet er solche Kinder: äußerlich nicht eindeutig geschlechtlich zuzuordnen (obwohl es sich tatsächlich um Jungen und Mädchen handelt) und einander zum Verwechseln ähnlich. Sie gedeihen prächtig, während ihre Leidensgenossen von den Zuständen im Heim gezeichnet sind. Das Wort „Adoption“ fällt nicht in diesem Zusammenhang …
Der Journalist will diesem Phänomen weiter nachgehen. Es beunruhigt ihn wie die Ahnung einer nahenden Invasion. Mit seiner Besessenheit verärgert seinen Chef, verliert schließlich seinen Job, und auch seine junge Ehe geht darüber in die Brüche. Leider ist er nicht in der Lage, das Rätsel zu lösen.
„Glückliche Kinder“ ist ein kurioses Artefakt, aber es fesselt. Die seltsamen, deutlich lauter abgemischten Action-Einschubsequenzen – Flashbacks vermutlich – sind dramaturgisch überflüssig und auch unter dem Gesichtspunkt einer angestrebten Länge von mindestens 55 Minuten nicht notwendig.