Da lacht das Maschinchen

Schon Seit den frühen Tagen des US-Fernsehens wurden komödiantische Serien mit Lachern aus der Konserve, der sogenannten „Laff-Box“, abgemischt. Sogar die Zeichentrickserie „The Flinstones“ (1960-66) war mit Gelächter versehen, das allerdings klang wie durch eine schlechte Telefonleitung und in der deutschen Fassung gottlob fehlte („Familie Feuerstein“, ab 1965). Diese uralten Lach-Tracks wurden noch lange verwendet, bis man in den 70er Jahren damit begann, Sitcoms tatsächlich unter Theaterbedingungen aufzuzeichnen, den stolzen Schriftzug „filmed before a live studio audience“ vorschaltete und die tatsächlichen Reaktionen ggf. verstärkte.
Erst seit Mitte der 80er Jahre, mit dem Aufkommen unseres Privatfernsehens, gehört diese klangliche Ergänzung auch bei uns generell mit dazu und ist gewissermaßen der Markenkern dieser Art von TV-Format.

Was ist davon zu halten? Der Filmjournalist Volker Bleeck hat es ausprobiert: auf YouTube sah er sich Clips zeitgenössischer Sitcoms wie „Young Sheldon“ ohne das ständige Konservengelächter an und kam zu dem Ergebnis: „das funktioniert überhaupt nicht!“ Dennoch bin ich sicher, er hat wie wir alle schon vor dem Fernseher gesessen und das Gackern nach jeder einzelnen Dialogzeile mindestens als nervtötend, vielleicht sogar als idiotisch empfunden.

Als jemand, der seit „Eine schrecklich nette Familie“ („Married With Children“, 1987-97) und „Familiy Guy“ (seit 1999) keine Sitcom mehr wirklich komisch fand, bin ich wohl nicht repräsentativ (vielleicht auch nur ehrlicher zu mir selbst).  Jedenfalls erfüllt es mich mit Dankbarkeit, dass die Trickserie „Family Guy“ in der deutschen Fassung nicht belacht wird – und trotzdem funktioniert; ebenso meine klassische Lieblings-Sitcom „Männerwirtschaft“ („The Odd Couple“, 1970-75, bei uns ab 1972), die ab der 2. Staffel vor Publikum hergestellt wurde.
Bei Al Bundy haben mich die Lacher abseits grundsätzlicher Vorbehalte nicht gestört, weil ich die Gags wirklich komisch fand und die Serie in einer theaterhaften Kulisse spielte. In diesem Fall, wie auch bei „Cheers“ (1982-93) oder „Golden Girls“ (1990-94), ist es mir möglich, das Publikum als Teil der Inszenierung zu akzeptieren. Wo das Gelächter bei „Seinfeld“ (1989-98), der abgesehen von den einführenden Stand-Up-Auftritten in verschiedenen Locations agiert, herkommen soll, bleibt eines der großen Rätsel Hollywoods. Mir wäre diese Serie auf Deutsch ohne das Lach-Track definitiv zugänglicher gewesen, auch weil ich sie in ihren besten Momenten allenfalls zum Schmunzeln fand.
Das scheint mir überhaupt das Problem zu sein. Die meisten Gags der allermeisten Serien, auch viele gute, rechtfertigen die hysterischen Reaktionen einfach nicht.

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