betr.: Gesellschaft und Kommunikation
Ein großer Wortschatz ist in den Zeiten der Smartphone-Pictogramme, Grummelsmileys und 160-Zeichen-Beschränkung nicht mehr ‚in‘ – aber für alle interessant, die gerne (im positiven Sinne) aus der Masse ausscheren wollen. In dieser Rubrik werden hübsche Ausdrücke vorgestellt, die nicht (mehr) gebräuchlich sind – und das zu meinem Bedauern.
Lakenschnüffler
= gewissermaßen das schreibende Gegenstück zum Paparazzo, ein eher an „schmutziger Wäsche“ als an der Wahrheit interessierter Sensations- und Klatschjournalist.
Quelle: Redewendung aus der Weimarer Republik
Luft-Uschi
= Ausdruck einer neidischen Person, die keinen eingetragenen Lebenspartner bei einer Fluglinie hat und daher nicht in den Genuß von Rabattregelungen kommt, für einen Flugbegleiter (auch „Düse“ oder „Saft-Schubse“).
Quelle: homosexuelles Szene-Schimpfwort der 90er Jahre. Merke: „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die beruflichen Parameter, die er für beneidenswert hält.“
Metropole
= osteuropäischer U-Bahn-Passagier
Mickymousing
= Sub-Genre des Underscorings. In der (klassischen) Filmmusik bezeichnet man damit die Attitüde, eine musikalische Begleitung so zu fertigen, dass sie präzise jede (kleine / rasche) Bewegung der abgebildeten Person(en) begleitet und illustriert. Der Ausdruck orientiert sich am Zeichentrickfilm, meint aber ausdrücklich ein Phänomen aus der Realfilmmusik, wo der Betrachter an breiter angelegte Untermalung gewöhnt ist. Als Meister des Mickymounsings haben sich in der frühen Tonfilmmusik Max Steiner sowie Erich Wolfgang Korngold hervorgetan, der u.a. die Piratenabenteuer mit Errol Flynn, also auch dessen Kletterei und Fechtkunst zu begleiten hatte.
Quelle: die seriöse Terminologie
Monglabache (sprich: „Monglabasch“)
= frz.-marokkanische Sprachfassung des Namens der kreisfreien niederrheinischen „Großstadt“ Mönchengladbach, Anspielung auf die schroffe Ungastlichkeit und die ästhetischen Defizite dieses Ortes, der selbst in Zeiten des Friedens und des Wohlstands die Atmosphäre einer unter Dauerbeschuß stehenden Siedlung in einer Wüstengegend verströmt.
Quelle: kluger Scherz eines Freundes, als ich ihm von meinem Gastspiel in Mönchengladbach berichtete, die den ersten Besuch meiner Heimatstadt seit 1972 darstellte und die in meine persönlichen Annalen als der gruseligste Auftritt meiner 16jährigen Laufbahn als reisender Unterhalter eingegangen ist.
Luft-Uschi? Grandios! Da ich persönlich keine Rückgriffsmöglichkeit auf das Glossar „homosexuelle Szene-Schimpfworte“ habe, wobei ich mich immer noch wundere, das einem Wort eine gleichgeschlechtlich ausgerichtete Neigung zugeordnet wird, habe ich mich über dieses Wort sehr gefreut. Noch mehr: Ich möchte es wiedereinführen. Und, kann man einen Flugkapitän nicht „Luft-Horst“ nennen?
Weiter so, Monty.
Dein Fan John