Hollywood Babylon

betr.: 93. Geburtstag von Stanley Donen

Als Stanley Donen Anfang der 50er Jahre bei „Singin‘ In The Rain“ Regie führte, gab es noch keine Tonbandmaschinen, doch das Herstellungsprinzip der  Musiknummern war bereits ziemlich genau  das, welches 30 Jahre später bei der Produktion von Musikvideos Anwendung fand. Am Set wurde noch mit Plattenspielern gearbeitet.  „Es gab damals schon Playbackmaschinen, die sehr gleichmäßig liefen“, erzählt Donen. „Also mussten wir nur die Nadel auf die Platte legen, die Kamera abfahren und hatten dann Musik auf der Tonspur, zu der sich die Darsteller synchron bewegen konnten. Unsere Platten liefen allerdings im Gegensatz zu den kommerziellen nicht mit 78 sondern mit 80 Umdrehungen. Die Musik wurde vorher aufgenommen. Zuerst probten wir  mit einem Pianisten. Dann kamen der Komponist und der Arrangeur in die Probenstudios, beobachteten, was wir da taten und machten sich Notizen. Dann arrangierten sie die Orchesterfassung. Diese wurde produziert und auf Platte gepresst. Bei den Dreharbeiten spielten wir dann diese Platte, damit die Schauspieler dazu singen und tanzen konnten. Diese Plattenaufnahme war es auch, die später auf der Lichttonspur des Films zu hören war. Nach der Filmaufnahme mussten aber noch die Gesangspartien und Geräusche wie der Stepptanz eingespielt und dazugemischt werden – die Aufnahmen vom Set waren ja mit all den Nebengeräuschen nicht zu gebrauchen. Es mag umständlich klingen, die Abläufe so oft zu wiederholen, aber das ist die einzige Methode, es gut zu machen.“

„Singin‘ In The Rain“ beschreibt den für Hollywood verstörenden Ausbruch den Tonfilms Ende der 20er Jahre*, und Donen und seine Kollegen halten sich viel darauf zugute, dass die hier geschilderten Pannen und Kinderkrankheiten des neuen Mediums sich tatsächlich so ereignet haben. In einem Punkt aber wurde gemogelt: das nachträgliche Synchronisieren war in den ersten Jahren dieser Revolution noch nicht möglich.
Der zentrale Konflikt der Handlung war hingegen ganz aus dem Leben gegriffen: Jean Hagen spielt eine Stummfilmdiva, die wegen ihrer Fistelstimme im Tonfilm Probleme bekommt und daher von ihrer jüngeren Rivalin Debbie Reynolds stimmlich gedoubelt wird. Debbie Reynolds bestreitet – wie im Drehbuch beschrieben – die Gesangspartien, aber es ist tatsächlich Jean Hagens eigene (verstellte) Stimme, mit der die Diva spricht, und wir hören sie sogar in den gesprochenen Passagen des Films im Film. „Debbies Sprechstimme klang nicht so elegant wie die von Jean Hagen. In der Szene, in der Sie Debbie Jean synchronisieren sehen, ist es in Wirklichkeit Jean, die Debbie synchronisiert, die Jean synchronisiert.“
Die Amerikaner – die mit der Synchronisation bekanntlich sonst wenig am Hut haben – leisten sich einen entsprechend umständlichen Ausdruck dafür: Automated Dialogue Replacement.

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* Siehe dazu https://blog.montyarnold.com/2014/10/06/ruhestoerung-in-hollywood-die-verschreckte-leinwand/

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Eine Antwort zu Hollywood Babylon

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