Zu Hellas Entzücken

betr.: Aufzeichnung des „Comic Talk“ mit Hella von Sinnen und Gästen

Je nach Zählweise fand soeben im Kölner „Theater 509“ im Kölner „Bürgerhaus Stollwerck“ der 10. bzw. 12. Comic-Talk statt, wie stets moderiert von Hella von Sinnen, die offen zugibt, erst recht spät zur Comic-Kennerin mutiert zu sein. Nach der unbefangenen Lektüre „Lustiger Taschenbücher“, die damals zum Standardprogramm so vieler Kindheiten gehörte, verschwand die Neunte Kunst wieder aus Hellas Leben, bis sie vor einigen Jahren durch einschlägige Moderationstätigkeiten wieder an sie herangeführt wurde. Unterdessen sind die Comichefte aus unserem Blätterwald verschwunden. An ihre Stelle sind längere Geschichten für ein reiferes Publikum getreten, die Graphic Novels. Und die haben in Hella von Sinnen eine begeisterte Leserin und Botschafterin gefunden.
Klassiker wie der kürzlich im Talk behandelte „Valerian und Veronique“ oder der diesmal mit „Schatten auf dem Grab“ präsentierte Richard Corben* sind also noch Neuentdeckungen für sie, ebenso „Spirou und Fantasio“, die nun erstmals ein deutsches Abenteuer erleben.

Hella+RalfBremst bekanntlich auch für Männer: Hella von Sinnen mit Zuschauer Ralf König.
Es war eine immens amüsante Ausgabe der Talkreihe. Obwohl sich die Runde letztlich in vielem einig war – „Am liebsten mag ich Monster“ sei großartig bis genial, das arg an Sempé orientierte Kinderbuch „Toni. Und alles nur wegen Renato Flash“ von Philip Waechter, dem Sohn des großen F. K., sei insgesamt zu betulich … – flackerte die zunehmende Bereitschaft auf, auch mal draufzuhauen. Stammteilnehmer und Comic-Händler Volker Robrahn wird immer deutlicher, wenn ihm etwas gegen den Strich geht. Der Szenarist Benjamin von Eckartsberg (vor allem im französischsprachigen Ausland erfolgreich mit „Gung Ho“) sagte viel wunderbar Sachliches und Einleuchtendes – rügte etwa „faules Schreiben“ – und die in diesen Tagen als Comedienne durchstartende Helene Bockhorst legte uns alle mit ihren hintersinnig unterspickten Mutterwitz in Schutt und Asche – unabhängig davon, ob sie tadelte oder pries. Ehrensache, dass der artige Feelgood-Künstler Flix mit seinem „Spirou in Berlin“ auch in dieser Runde weder Begeisterung noch Widerspruch erregte.

Dass sich alle Teilnehmer so gut in das teilweise sehr umfangreiche Material eingelesen hatten, gab dem Gespräch eine zusätzliche Herzensgüte – ist aber leider nicht immer möglich. Ein dreibändiger Comic einer früheren Sendung war in seiner fotorealistischen Könnerschaft so lähmend, dass ihn niemand vollständig lesen mochte**, und ein Gesprächsteilnehmer der vorletzten Ausgabe, der persönlich ganz zauberhafte Rapper Eko Fresh, gab auf Hellas Nachfrage unbekümmert zu, keinen einzigen der besprochenen Bände gelesen zu haben.
Wie gesagt: diesmal herrschte helles Entzücken!

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* Siehe dazu https://blog.montyarnold.com/2018/07/14/ein-laechelnder-spuk-aus-der-vergangenheit/
** Siehe dazu https://blog.montyarnold.com/2017/06/29/second-hand-nightmares/

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