Rumfummeln an Ephraim Kishon

betr.: 100. Geburtstag von Ephraim Kishon (in 3 Jahren) / Neubearbeitung alter Übersetzungen

Kishons Arbeitszimmer war noch zehn Jahre nach seinem Tod praktisch unverändert.

Eigentlich hätte gar nicht sollen sein, was sich schließlich als echter Renner entpuppte: Ephraim Kishons deutscher Verleger, der bereits zwei kleinere Bühnenwerke von ihm veröffentlicht hatte, war nicht an dessen Satirensammlung interessiert. Und wurde „Look Back, Mrs. Lot“ erst einmal in den USA ein Riesenhit. Danach war der Stuttgarter Verlag in Stimmung, die gebündelten Kurzgeschichten, die Kishon in den 50er Jahren für eine israelische Zeitung geschrieben hatte, auch auf Deutsch zu veröffentlichen. „Drehn Sie sich um, Frau Lot“ machte den Autor für die nächsten 20 Jahre zu unserem beliebtesten Unterhaltungsschriftsteller – mit zumeist biblisch konnotierten Buchtiteln wie „Kein Öl, Moses“ oder „Arche Noah, Touristenklasse“. Die Texte betonten gern jüdische Marotten (sehr häufig geht es um Geld), malten aber mit den meisten Themen (Bürokratie, Ehegeschichten, Nachbarschaftsstreit, eine planlose Regierung …) letztlich ein Sittengemälde, das von dem der Bundesrepublik nicht zu unterscheiden war. Schon zu Lebzeiten soll Kishon je nach Zählung 43 Millionen Bücher verkauft haben, davon 30 Millionen in Deutschland.

Die für eine solche Wirkung unerlässliche gute Übersetzung stammte vom österreichischen Publizisten und Schriftsteller Friedrich Torberg. Kishon machte ihm das Kompliment, sie sei so gut, dass man sie ins Hebräische zurückübersetzen müsste. Für Torberg war diese Ehre ein zweischneidiges Vergnügen, hatte er doch mit seinen eigenen Büchern – auch mit seinem Klassiker „Die Tante Jolesch“ über den Untergang des Abendlandes – nicht annähernd einen vergleichbaren Erfolg.

Die Kishons freuen sich auf ein ausverkauftes Gastspiel in Köln, das Autor und Übersetzer gemeinsam geben werden.

Gut 15 Jahre nach Kishons Tod (sein Übersetzer verließ uns schon 1979) bleibt natürlich nichts mehr einfach wie es war. Als ich kürzlich einen jungen Kollegen bei seinem Kishon-Abend unterstützte*, las ich mehrere dieser Geschichten abermals und nutzte dafür meine monsterdicke Satiren-Gesamtausgabe, während der Kollege mit antiquarischen Einzelbänden arbeitete. Immer mal wieder sind einzelne Formulierungen geändert worden, und es ist absolut rätselhaft, nach welchen Kriterien und mit welcher Absicht das geschah. Nur eines lässt sich feststellen: die Popeleien nehmen zu, je weiter man im Werk chronologisch voranschreitet. Das ist übrigens immer so, wenn ein Verlag glaubt, eine Übersetzung „für die heutige Zeit“ überarbeiten zu müssen (wohlgemerkt: überarbeiten – hin und wieder wird ja auch komplett neu übersetzt). Das fiel mir schon auf, als ich mit einer Schülerin zusammen Capotes „Grasharfe“ las. Und auch bei Erika Fuchs, deren gerühmten und mittlerweile klassischen Donald-Duck-Übersetzungen gerade im Rahmen einer Barks-Neuausgabe zugesetzt wird, treiben es die zuständigen Praktikanten mit jedem Band bunter und bunter.

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* „Schlamasseltov“ mit Miloš Milovanović wird am 11. September in Hamburg gespielt.

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