St. Georg und seine Drachen

betr: Drachentag in Großbritannien

Als Bürger von St. Georg hat man zu Drachen ein ganz entspanntes Verhältnis. Selbst der Overkill dieser Wesen, der in den vergangenen Jahren durch die Fantasy-Welle in unserer Popkultur losgetreten wurde, hat daran nichts geändert.

Wann sich der Kampf des heiligen Georg mit dem Drachen präzise abgespielt hat, darauf legt sich der Sagenschatz nicht fest. In England wird er seit 1222 alljährlich am 23. März nachgespielt. Ob das auch heute wieder geschieht, weiß ich nicht. Ich befürchte aber, dass die verführbaren Brexit-Insulaner inzwischen andere Sorgen haben – zumal ihre Verdrängungskünste gefragt sind wie noch nie.

Inzwischen brave Käsefresser: Drachen in St. Georg

Der heilige Georg stammt auch gar nicht aus England, sondern aus Kleinasien. In der Zeit, ehe sich das Christentum im heutigen Maßstab verbreitet hatte, reiste der Jüngling nach Silene in Libyen, um sich dort taufen zu lassen. In seinem See in der Nähe hauste ein tückischer Drache, der allnächtlich über die Stadtmauer kletterte, Menschen mit seinem giftigen Atem tötete und verschlang. Aus Angst, im Schlaf gefressen zu werden, litten viele unter Schlaflosigkeit – obwohl ein solches Erlebnis im Wachzustand sicherlich kaum angenehmer ist. Der König von Silene hatte schon viele Krieger vergeblich ausgeschickt, um das Untier zur Strecke zu bringen. Auch die Idee, ihm Schafe zu opfern, um ihn vom Menschenfleisch abzulenken, ging nur eine Weile gut, denn irgendwann waren die Schafe alle. So beschlossen die braven Bürger, dem Drachen täglich einen Unglücklichen zu opfern, der im Losverfahren bestimmt wurde. Solange man ihm einen Menschen pro Tag auslieferte, ließ er die übrigen hernach ruhig schlafen.
Eines Tages fiel das Los auf die Prinzessin Saba, die Tochter des Königs, und sie verhielt sich genau wie es Britannia Jahrhunderte später nach dem Brexit-Referendum tat: sie zog ihr schönstes Kleid an und fügte sich. Während sie weinend vor der Stadtmauer auf den Drachen wartete, kam der frisch getaufte Georg vorbeigeritten. Als er die entsetzlichen Hintergründe erfahren hatte, schwor er, den Drachen im Namen Christi zur Strecke zu bringen. Georg schwang sich und die Dame auf sein Ross und erreichte das Ufer. Der See  warf bereits rauchende Blasen, und der Drache begann, sich daraus zu erheben. Georg schickte ein Stoßgebet zum Himmel, klappte das Visier herunter, um sich vor dem giftigen Atem zu schützen, und rammte seine Lanze in das winselnde Ungeheuer. Voller Wut peitschte der Drache mit dem Schwanz. Georg befahl der Prinzessin, ihren mit Edelsteinen besetzten Gürtel abzunehmen und das wunde Raubtier zu fesseln. Sie tat’s, und der Drache wurde augenblicklich zahm.
Als Georg mit der Prinzessin und dem folgsamen Biest in die Stadt zurückkehrte, verkrochen sich die Bürger furchtsam in ihren Häusern. Daraufhin schlug Georg dem Drachen das Haupt ab, damit er kein Unheil mehr anrichten konnte.
Kreuzritter verbreiteten die Sage nach ihrer Rückkehr aus dem Heiligen Land.

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