Jarre und Sohn

betr.: 99. Geburtstag von Maurice Jarre (morgen)

Maurice Jarre ist Musikfreunden weniger geläufig als sein Sohn Jean-Michael – der beliebteste Elektronik-Musiker der 70er-Jahre-Charts und bis heute von vielen unvergessen. Das liegt hauptsächlich an Vater Jarres Karriere als Filmkomponist zu einer Zeit, da nur die wenigsten Soundtracks auf Tonträger zu haben waren und generell wenig Aufhebens um sie gemacht wurde. Sie fand – Evergreens wie „Dr. Schiwago“ zum Trotz* – eher im Hintergrund statt. Außerdem ist der Sohn mit seinem Werk unserer Gegenwart naturgemäß näher, die Erinnerung frischer.
Ich liebe den Alten viel mehr als den Jungen. Nicht, weil der Junge nicht großartig wäre, sondern weil der Alte für mich einer der Allergrößten ist.

Maurice Jarre hatte eine Vorliebe für Märsche, seine Spezialität jedoch waren morastige, irgendwie dreckig und krank klingende Walzermelodien. Bei keinem anderen Komponisten – allenfalls bei Bernard Herrmann, der sich solchen Vergleichen ohnehin entzieht – klang der Dreivierteltakt so abgründig und besorgniserregend.

Als Jean-Michel Jarre vom ZEIT-Magazin darum gebeten wurde, uns ein paar Dinge zu verraten, die er gern früher gewusst hätte, gewährte er uns auch Einblicke in seine Familienverhältnisse. Er schrieb: „Streite mit deinen Eltern nur von Angesicht zu Angesicht!“ und „Ein abwesender Vater fördert frühe Charakterbildung.“ Das sind im Rahmen dieser Rubrik zwei beinahe versöhnliche Ansagen. Kritisch oder selbstkritisch könnte man ein Statement deuten, das den Vater gar nicht nennt: „Vertraue deinen Kindern, auch wenn du an ihren Plänen zweifelst.“
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* Ein beliebter TV-Sketch der 70er Jahre beruhte darauf, dass sich eine Vielzahl von Bürgern nicht an den „Mittelteil von Dr. Schiwago“ erinnern konnte, als sie von Dieter Hallervorden danach gefragt wurden.

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