Gruseliger als die Kindheit selbst

betr.: 107. Geburtstag von Roald Dahl

In unseren Tagen legt sich eine weitere Schicht des Vergessens über einen der amüsantesten und gescheitesten Unterhaltungsschriftsteller meiner Jugendtage: Roald Dahl. Es ist das aktuelle Stadium eines anhaltenden Prozesses.
Die autobiographischen Kriegs- und Fliegergeschichten, mit denen Dahl seinen Ruhm begründet hatte, rutschten in die schattigeren Winkel der Regale, als er zum Verfassen seiner legendären makabren Kurzgeschichten ansetzte, zu deren Weltruhm die TV-Serie „Alfred Hitchcock Presents“ beitrug und auf die meine Generation durch ein etwas preiswerteres Format hingewiesen wurde: „Tales Of The Unexpected“ („Ungewöhnliche Geschichten von Roald Dahl“), in dem der Autor am knackenden Studiokamin persönlich in seine Possen einführte. Draußen bleiben mussten hier die ausdrücklich erotischen seiner Geschichten, die in eigenen Bänden versammelt waren.
In den letzten Jahren vor seinem Tode im Jahre 1990 wurde Dahl zum modernen und vielverfilmten Kinderbuchautor. Als solcher galt er zuletzt. Bis man begann, diese Bücher im Rahmen offiziell gutgemeinter Zensurbestrebungen zu zerlegen und grob inhaltlich zu verfälschen. Der Ruhm dieses literarischen Entertainers dürfte sich einigen Jahren restlos erledigt haben.
Dann wäre er theoretisch reif für eine Wiederentdeckung.

Wer so lange nicht warten möchte, kann rasch noch einen seiner Texte lesen. Ich empfehle „Der Wunsch“ aus der Sammlung „Someone Like You“ (deutsch verlegt als „… und noch ein Küsschen“). Es ist mit knapp drei Seiten nicht nur die kürzeste von Dahls schwarzhumorigen Erzählungen, sie überbrückt auch die drei genannten Schaffensperioden. Der Held ist ein kleiner, phantasiebegabter Junge, der zum Ende hin … abstürzt.

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