Stummfilm-Stunts nach Sennett

Mack Sennett, der als Schauspieler bei D. W. Griffith angefangen hatte, wurde schließlich von diesem dazu abgestellt, sich um die Inszenierung der komischen Filme zu kümmern, die Griffith unter seinem Logo mit anbieten wollte.
In der Folge stieg Sennett – nur wenig vereinfacht gesagt – zum Erfinder des filmischen Slapstick auf und definierte gemeinsam mit den britischen Vaudeville-Komikern, die er bevorzugt engagierte, die Motorik der physischen Comedy aus. Die auch nach heutigen Gesichtspunkten eindrucksvollen Leistungen der Darsteller in puncto Timing, Kraft, Gelenkigkeit, Akrobatik und Körperbeherrschung wurden durch den Zappeleffekt der noch von Hand gekurbelten Kameras und Projektoren in ihrer komischen Wirkung noch verstärkt.

Die wichtigsten Varianten der Königsdisziplin – des Sturzes (“Buster”) – lassen sich so zusammenfassen:

Es gab den altmodischen Pratfall, bei dem man entweder mit einem Plumps auf dem Hintern landete [1a] oder einen vor den Kopf bekam und auf den Rücken fiel [1b].

Wenn man nicht schwungvoll genug fiel, sagten die Regisseure: “Ich hätte das gern ein bisschen höher!” Dann musste man höher springen.
Beim Stiff  back, ging man die Straße entlang, und dann kam ein Kerl mit einem Besen und schlug einem direkt vor den Kopf. Dabei durfte man die Füße nicht bewegen, und man musste mit den Schultern und den Hacken gleichzeitig auf dem Boden aufschlagen [2].

Außerdem gab es noch den 108, die “alte Art zu fallen”. Man kommt die Straße hinunter, tritt auf eine Bananenschale, fliegt flach durch die Luft und landet [3]. Je flacher man landete, desto besser, denn die Landung durfte nicht nur auf einem Punkt erfolgen.

Wenn man diese drei grundlegenden Arten zu fallen nicht beherrschte, konnte man nicht in Komödien mitspielen. Selbst die Mädchen beherrschten sie.

Selbstverständlich machte sich in jenen Tagen niemand die Mühe, den Untergrund des geplanten Aufpralls zu polstern – weder die Regisseure noch die Bühnenmeister noch der Komiker selbst. Das ruinierte im Laufe der Zeit die Gesundheit. Der schmerzgeplagte Jerry Lewis – jener Filmkomiker, der die klassischen Sturz-Techniken am konsequentesten in den Tonfilm hinüberrettete – hat im Alter öffentlich bereut, so unbedacht gewesen zu sein.

Auszug aus dem Essay „Humor Omnia Vincit“

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