Der Unterschied zwischen Manuskript und Spickzettel

betr.: Sprechen am Mikrofon

Einer meiner Schüler hat eine besonders liebenswürdige Macke aus seinem Lehrberuf in den Unterricht mitgebracht und in sein Mikrofonverhalten übernommen: er trägt nicht gern vom Blatt vor. Wie jeder anständige Schauspieler ist er es gewohnt, ohne Spickzettel zu sprechen. Er prägt sich die Sätze möglichst schnell ein und hebt dann, sobald er sie laut ausspricht, den Blick. Dadurch ist er mit dem Kurzzeitgedächtnis beschäftigt und so abgelenkt, dass er Fehler macht, die ihm sonst nicht passieren würden.
So sympathisch diese Marotte ist, so deutlich muss ich ihn bitten, sie sich abzutrainieren, ehe sie sich endgültig festsetzt. Es ist ja auch eine gute Nachricht: einer der widrigsten Aspekte der Schauspielkunst, die elende Auswendiglernerei, entfällt am Mikrofon. Letztlich wird er das als große Erleichterung erleben und sich viel besser auf die eigentliche Sache konzentrieren können.
Und wenn das geschafft ist, werde ich ihm gestehen, dass diese kurzen Gedächtnisleistungen beim Synchron sogar ganz nützlich sein können. Dann werden sie wieder voll da sein – und kontrollierbar!

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