betr.: „Black Lives Matter wird abgewickelt“ …
… stellt die „taz“ besorgt fest und berichtet über die Mucksmäuschenstille, mit der die USA auf die betreffenden Maßnahmen ihres neuen Anführers reagieren. „Eigenartig still blieb es (…) im Verlagswesen, obwohl die US-amerikanischen Buchverlage im Sog der Ermordung von George Floyd und dem Wiederaufblühen der Black-Lives-Matter-Bewegung sehr aggressiv ihre Diversitätsanstrengungen vorwärtsgetrieben hatten. Es gab keine Bekanntmachung der ‚Big Five‘-Verlage zu einer neuen Linie oder eine Stellungnahme zu Trumps Verordnung. In der Branchenpresse war nichts zu dem Thema zu lesen. (…) Dan Sinykin, der an der Emory University von Atlanta über das Verlagswesen forscht, sprach von einer gespenstischen Stille.“
Ganz allgemein haben sich Trumps Kritiker verkrümelt und sich in die Erkenntnis gefügt, dass der Präsident bei seinem dritten Anlauf ja tatsächlich die Mehrheit der Wählerstimmen bekommen hat – was in den USA ja nicht unbedingt den Einzug ins Weiße Haus bedeutet. Wie albern und überholt hätten angesichts dessen solch laute Proteste, so wütende und verzweifelte Leitartikel gewirkt, all das mediale Kopfschütteln über diesen Betriebsunfall der Geschichte wie zu Beginn seiner ersten Amtszeit? Die demokratischen Gemüter hielten so still wie die Briten nach dem Brexit-Referendum, das nur hauchdünn beschlossen worden war und viele Bürger seither geschädigt hat. Doch ein öffentliches Wort des Zweifels oder Bedauerns gehört sich einfach nicht.
Der Zustand der westlichen Welt war schon vor Trumps zweitem Amtseid und der auf ihn folgenden Ladung präsidialer Dekrete eine andere geworden.
Niemand, der halbwegs bei der Sache ist, kann bestreiten, dass es eine kurzsichtige Idee gewesen sein könnte, den Vereinigten Staaten Toleranz verordnen zu wollen, eine gutgemeinte Notlösung. Auch ein weniger mächtiger Flegel als Donald Trump hätte auf ein angewachsenes Verständnis für seine Maßnahmen hoffen dürfen und auf ein Gefühl der Erleichterung – bei allem Entsetzen über das, was sie im Einzelfall gesellschaftlich bedeuten. Für die Verlage wäre ein aufrichtiges und anhaltendes Interesse der Leserschaft für „inklusive Literatur“ ein Anreiz gewesen, die guten Vorsätze weiter zu verfolgen, doch es ist ausgeblieben. Der Artikel kommt zu dem Fazit, „dass DEI-Programme in ihrer jetzigen Form nicht dazu angetan sind, gesellschaftlichen Pluralismus zu befördern.“
Es hat durchaus Zeiten gegeben, in denen das Publikum einen „ansteigenden Appetit für die Werke nicht-weißer Autoren“ hegte, doch das waren nur Phasen, die jeweils einen Auslöser hatten. Dan Sinykin: „Es gab nach der Bürgerrechtsbewegung einen Boom schwarzer Literatur und Mitte der 90er Jahre noch einmal.“ Doch die seien jeweils nach etwa vier Jahren wieder abgeebbt, genau dem Zeitpunkt, an dem wir uns nun befänden. Die Verlage haben auf diese Strömungen zwar mit trendigen Publikationen reagiert, strukturell aber ist alles beim Alten geblieben. „Die Anzahl schwarzer Angestellter in den Verlagshäusern blieb zwischen 2019 und 2023 konstant um die 5 Prozent.“
Jene, die darauf verweisen, dass Kultur eine politische Dimension und die Kraft – die Aufgabe? – hat, gesellschaftliche Entwicklungen anzustoßen, liegen nicht falsch. Doch so etwas erreicht man nicht durch sprachliche Gendervorschriften oder eine Wokeness, wie sie ein großer Unterhaltungskonzern seinen Kreativen und dem eigenen Publikum zuletzt verordnen wollte – und über die sich die Zielgruppe seit Jahren das Maul zerreißt.
Das Musical „Show Boat“ war vor einem knappen Jahrhundert ein Beispiel, wie sowas laufen müsste.* Die Show war qualitativ so großartig, dass alle sie sehen wollten. Auch die Rassisten. Und die mussten die tolerante Botschaft des Librettos dann eben aushalten.
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* Siehe https://blog.montyarnold.com/2014/12/27/musikdampfer-mit-mission/