Die wiedergefundene Textstelle: Wie ein Mann (fast) jede Frau rumkriegt

Matthew Perrys Autobiographie „Friends, Lovers And The Big Terrible Thing“ besteht zum größten Teil aus koketten Selbstanklagen, die immer neue doppelte Böden aus Eigenhinterfragung, vorauseilender Einsicht, Gender Studies, anzüglichen Witzen und Tricks, sich selbst reinzuwaschen, einziehen. Hie und da schreibt er Sätze wie „Eigentlich hätte ich längst tot sein müssen“. Dass er das im Jahr nach der Buchveröffentlichung tatsächlich war, lässt vermuten, dass er sich in diesem Konstrukt der eigenen Wahrnehmung zuletzt heillos verheddert hat. Ein schönes Beispiel für solche Prosa ist der Beginn des Kapitels über seine Beziehung zum Kollegen Bruce Willis.
Perry liefert uns eingangs einen Stand-Up zum Thema Anbaggern, dessen Sarkasmus er als Erzähler ebensowenig unter Kontrolle hat wie als Held der Geschichte. Dennoch wird man das Gefühl nicht los, dass er den Kampf der Geschlechter ganz gut einfängt.

Weil ich ein Superstar war, waren Dates kein Problem. Und ich eröffnete jedes einzelne so: „Hi, tut mir leid, dass ich zu spät komme. Du siehst übrigens großartig aus. Ich freue mich sehr, dich endlich kennenzulernen.“ [Pause für eine angemessen positive Antwort.]
„Aber ich möchte Missverständnisse vermeiden“, fuhr ich fort. „Ich möchte so aufrichtig wie möglich sein. Ich bin ein offenes Buch. Du kannst mich alles fragen – und ich werde dir ehrlich antworten.“
Wir tauschten weitere Floskeln aus; an einem guten Tag nickte sie zustimmend, ihr gefielen meine Offenheit, meine emotionale Haltung, meine Gefühlsseligkeit.
Dann gab ich Vollgas.
„Ich weiß ja nicht, wonach du suchst, aber wenn es eine emotionale Bindung sein sollte, bin ich nicht der Richtige.“
[Hier machte ich eine Pause, um den Satz wirken zu lassen.]
„Ich werde dich nicht jeden Tag anrufen“, fuhr ich fort, „und ich werde keine Beziehung mit dir eingehen. Aber wenn du Spaß willst, bin ich genau der Richtige.“
Cyndi Lauper, diese großartige Philosophin des 20. Jahrhunderts, hatte, wie sich herausstellte, recht – Girls just want to have fun. Aber für den Fall, dass ich mich nicht klar genug ausgedrückt hatte, fügte ich der Suppe, die ich meinem Date gerade einbrockte, noch etwas Salz hinzu.
„Ich bin sehr leidenschaftlich“, sagte ich ein wenig beschämt, für den Fall, sie glaubten, ich gelobte zu viel. „Offen gestanden bin ich sogar ein kleiner Romantiker. Selbst auf dem Crosstrainer höre ich am liebsten Frauenballaden.“
„Aber ich bin noch nicht bereit für irgendeine Art emotionaler Bindung“, wiederholte ich für den Fall, dass ich mich bisher nicht deutlich genug ausgedrückt hatte. „Ich habe gerade erst eine Beziehung und einen Entzug hinter mir und kann mich noch nicht wieder auf jemanden einlassen.“
Und dann war es Zeit für die Landung.
„Ach, willst du nicht mal einen Blick in die Speisekarte werfen“, fragte ich. „Das Essen soll hier fantastisch sein.“
Es wundert mich, wie viele Frauen sich trotzdem darauf eingelassen haben. Ich nehme an, viele von ihnen glaubten, mich ändern zu können. Was meinen Sie? Oh ja, natürlich ließ mich ab und an eine unvermittelt sitzen. Ein paar Frauen sagten: „Sorry, daran habe ich absolut kein Interesse“, standen auf und gingen. (Es ist wohl wenig überraschend, dass mich genau diese Frauen besonders interessierten.)
Aber meistens funktionierte mein Vortrag perfekt.

Dann folgt die Textpassage, mit der sich der Autor dagegen impft, es könnte ihn wirklich jemand ändern wollen. (Es gibt eine deutsche Künstler-Co-Autobiographie, die vollständig auf diesem Prinzip aufbaut, auch wenn es darin nicht ums Abschleppen geht: „Ein Schnupfen hätte auch gereicht“ von Gaby Köster.)

Funktionieren ist ein dehnbarer Begriff. Denn bei all dem Mist hätte man meinen Kopf durch den Hintern eines Esels ersetzen können, ohne dass es jemandem aufgefallen wäre. Ich hatte nicht nur gerade mit der tollsten Frau auf dem Planeten Schluss gemacht, was ich vorschlug, war nur eine Riesenzeitverschwendung. Sex ist natürlich super, aber hätte ich in diesen Jahren nach etwas Bedeutungsvollerem gesucht, wäre ich heute bestimmt zufriedener.

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