betr.: morgiger 79. Geburtstag von Tomas Bunk / morgiger 35. Jahrestag der Premiere der Serie „The Simpsons“
Der Cartoonist Tomas Bunk und der Cartoon-Charakter Spongebob Schwammkopf sind – unabhängig voneinander – die beiden treusten Statthalter der Kunst Basil Wolvertons auf Erden. Bunk hat von all den großen Underground-Zeichnern der USA gelernt, aber Wolvertons Spaghetti–And–Meatball-Stil hat seinen Strich besonders geprägt. Und Spongebob Schwammkopf, eine Schöpfung des Meeresbiologen Stephen Hillenburg, hält ihn gewissermaßen auf der großen Bühne der Popkultur lebendig. Nicht nur Spongebobs Gesicht, auch der ganze diese Serie auszeichnende physiognomische Deformationshumor trägt Wolvertons Handschrift und bildet gewissermaßen das Gegenstück zum physischen Deformationshumor von „Tom & Jerry“ & Co. Die Zeichentrickserie „The Simpsons“ hat alle einschlägigen Rekorde gebrochen, und auch „Spongebob SquarePants“ existiert inzwischen ein gutes Vierteljahrhundert.
So verschieden diese beiden Formate sind, so haben sie doch ein gemeinsames Thema: die menschliche Torheit und ihre schrecklichen Folgen.
Während „The Simpsons“ ein hochdifferenziertes Panaromabild der westlichen Zivilisation zeichnen und sich detailliert jeder Entgleisung, jeder Verkommenheit und jeder zeitgenössischen Verirrung darin widmen, ist der Humor von „Spongebob“ existenzialistisch geblieben und bricht seine Kritik auf das Wesentliche herunter. Die Simpsons arbeiten mit einem immer weiter ausdifferenzierten Universum, das von einem weiter und weiter anwachsenden Figurenensemble bevölkert wird. Das Spongebob-Ensemble kreist nach wie vor hauptsächlich um das zentrale Trio Spongebob, Thaddäus und Mr. Krabs – mit Patrick als nächstem Angehörigen. Der Seestern Patrick ist dramaturgisch bereits der erste „supporting character“, wie es die angelsächsische Sprachregelung so schön ausdrückt – wenn auch sein Status als Spongebobs bester Freund und häufiger Duo-Partner auf den ersten Blick einen anderen Eindruck vermittelt. In der Regel ziehen die beiden an einem Strang, und die Konfliktlinien verlaufen nicht in ihrer Mitte, sondern trennen sie von Thaddäus, Spongebobs dauergenervtem Nachbarn / Kollegen, und Mr. Krabs, seinem ausbeuterischen Vorgesetzten.
Die Satire der Simpsons ist filigran und muss sich immer weiter ausdifferenzieren, um ihre wachsende Masse an Anspielungen zu bewältigen, die zunehmend auf das eigene Werk bezugnehmen. Das macht sie ironischerweise zum Opfer eines Expansionsdrangs, einer Diktatur des Wachstums und damit dem Gegenstand ihrer Kritik ähnlich.
Spongebob hat das Kunststück fertiggebracht, mindestens etwas mehr als zehn Jahre lang wesentlich und ökonomisch zu bleiben (wenn auch hier freilich Schauplätze und Nebenfiguren hinzugekommen sind). Im Bewahren dieser Verdichtung (wie sie zu Beginn auch den Simpsons zueigen war) liegt eine besondere Leistung und ein Rekord, der von niemandem als solcher dokumentiert werden kann.
Das Konzept dahinter ist nicht die sophistizierte Sozialkritik – wie bei den Simpsons – es ist der reine Nonsens. Das ist eine großartige Sache und gehört zum Schwersten, was die Humorarbeit an Aufgaben bereithält.
Auch Tomas Bunk ist ein Meister des Nonsens.