„Onkel Toms Hütte“ von Harriet Beecher Stowe zählt zu den meistverkauften Büchern des 19. Jahrhunderts. Der Roman von 1852 ist ein Meilenstein im Kampf gegen die Sklaverei. Doch die rassistischen Vorurteile, die das Buch und seine zahlreichen Adaptionen thematisieren, wurden auch darin bewahrt. Das führte dazu, dass der Begriff „Onkel Tom“ seit der Malcom–X-Bewegung zu einer der schlimmsten Beleidigungen unter Afroamerikanern wurde. Dieser in der Weltliteratur einmalige Sonderfall sitzt zwischen Stühlen des heutigen Diskurses, der in seinem Bestreben, rassistische Inhalte zu bannen und zu vermeiden, auch die sachliche Auseinandersetzung damit oftmals verhindert, weil er viele Kunstwerke pauschal mit-verfemt, die sich in früheren Zeiten damit auseinandergesetzt haben.
„Beim romantischen Rassismus mag jemand Verständnis und Sympathie für eine schwarze Figur haben“, erklärt der Schriftsteller Clint Smith. „Er oder sie verfällt dennoch in gewisse Klischees, Stereotypen und Zerrbilder, die unser Bild von dieser Figur erheblich einschränken. Und er oder sie führt diese auch noch weiter. Das findet man oft in Stowes Erzählung.“
Walt Disneys musikalische Südstaaten-Geschichte „Song Of The South“ („Onkel Remus‘ Wunderland“, 1946) ist gegenwärtig im Giftschrank verschwunden. Nur der Oscar-gekrönte Song daraus „Zip-A-Dee-Doo-Dah“ ist manchmal anzutreffen, außerdem die gefeierte (und moralisch untadelige) Trickfilmsequenz mit dem Hasen B’rer Rabbitt und dem trotteligen Bären B’rer Bear.
In diesem Sinne wurden auch weite Teile vom Werk des einstigen Broadway-Stars Al Jolson in Bann geschlagen, der heute aber ohnehin vergessen wäre. Auf vielen Fotos sieht man ihn mit Blackface, dem traditionellen Make-Up der Minstrel Shows, auf die er sich in seiner Arbeit gern bezog. Diese Maskierung trug er auch 1927 im legendären „ersten amerikanischen Tonfilm“ „The Jazz Singer“. In weiteren Filmen und in sogenannten Shorts spielte und sang er sogenannte „Plantation Acts“, die – durchaus von künstlerischem Wert – dem heutigen Publikum nicht mehr zu vermitteln sind. Jolson stand politisch auf der Seite der schwarzen Bevölkerung, doch das interessiert in diesem Zusammenhang nicht.

Al Jolson mit Publikum: „Going To Heaven On A Mule“ 1934 in „Wonder Bar“ („Eine Nacht in Paris“).
Manche Kunstwerke sind derart populär, dass sie sich selbst mit solch harten Bandagen nicht völlig unterdrücken lassen. Neben Beecher Stowes Romanklassiker gilt das besonders für den Filmklassiker „Vom Winde verweht“. Während es heute vielen als freigeistig gilt, ihn als rassistisches Machwerk abzutun, spricht einiges dafür, dass er den Rassismus der damaligen Zeit widerspiegelt, ohne ihn zu verherrlichen. Eine solche Schilderung lässt sich nun einmal nicht ohne die Abbildung des behandelten Problems erreichen.
Smith führt weiter aus: „Nur weil jemand Abolitionist war, glaubte er nicht zwingend an die Gleichheit der Schwarzen. Das sind zwei grundverschiedene Dinge.“ – und meint damit auch die Autorin Harriet Beecher Stowe.
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* Siehe auch https://www.arte.tv/de/videos/115037-000-A/onkel-toms-huette-vom-helden-zum-verraeter/ – Verfügbar bis zum 10/05/2026