betr.: 84. Todestag von Rudyard Kipling
Die Herrschaften vom „Literarischen Quartett“ bekamen es einmal mit einem Erfolgsschriftsteller zu tun, der sein neues Buch ungewöhnlicherweise vor einer exotischen Kulisse spielen ließ. Prompt verhob sich dieser fabelhafte Chronist der amerikanischen Mittelklasse und musste sich „angelesenes Brasilienwissen“ vorwerfen lassen. Als Kenner „historischer“ TV-Movies im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, in denen weder Lokal- noch Zeitkolorit eine Rolle spielen, sind wir solchen Kummer heute gewohnt.
Ich schicke dies nur voraus, weil ich bei „Der Mann, der König sein wollte“ das Gegenteil erlebt habe. Die Welterfahrenheit des Autors der Vorlage – der Film basiert auf einer Kurzgeschichte von Rudyard Kipling – gemischt mit der Lebens- und Leseerfahrung des Kipling-Fans John Huston, der einen abendfüllenden Film daraus machte, führte zu einem Werk, das mich zutiefst erschütterte und tagelang umtrieb – zumal der Tonfall bis zu zum grausigen Finale so heiter ist.
Dieser Abenteuerfilm – ein Genre, mit dem ich normalerweise nichts anfangen kann – versetzte mich nicht nur geografisch und geschichtlich in eine andere Welt, er zeigte mir auch einen völlig unbekannten Menschenschlag, der mir allzeit absolut schlüssig und glaubhaft vor Augen stand. Indien 1882: als Beschmutzer der Ehre ihrer Krone sollen die abgemusterten britischen Soldaten Danny Dravot und Peachy Carnehan eigentlich in den Knast. Doch die Fürsprache eines Logenbruders ermöglicht es ihnen, ins ferne Kafiristan zu ziehen, um ihr Glück zu machen. Dort, wo man seit Alexander dem Großen keinen Weißen mehr zu Gesicht bekommen hat, schlummern sagenhafte Reichtümer.
Unter vielen Strapazen dringen die fröhlichen Taugenichtse bis in die entlegene Bergregion vor. Sie lernen den ehemaligen Gurkha-Krieger Billy Fish kennen, der ihnen ein guter Freund wird und fortan als Dolmetscher dient.
Die Drei unterstützen Ootah, den Bürgermeister eines Dorfes, beim Kampf gegen die benachbarte Stadt. Die erfolgreiche Aktion hat den Nebeneffekt, dass Danny eher zufällig in den Ruf der Unsterblichkeit gerät. Das führt dazu, dass er erst zum Gott erklärt und schließlich zum König gekrönt wird.
Peachy möchte am liebsten so schnell wie möglich die Reichtümer zusammenraffen, die man ihnen nun zu Füßen legt, und in die Heimat zurückreisen. Doch Danny hat längst Gefallen an der Verehrung gefunden, die ihm entgegenschlägt, und träumt davon, ein Großreich zu gründen. Er überredet Peachy, noch zu bleiben, bis er eine schöne Eingeborene geehelicht hat. Ein fataler Fehler …
Regisseur John Huston hatte schon zwanzig Jahre zuvor von einer Umsetzung des Stoffes mit seinen Stars Bogart und Gable geträumt, die ihm dann wegstarben. Er kam erst 1975 zu Potte. Das hat die Finanzierung des Projektes erschwert, uns aber die Idealbesetzung beschert: die alten Busenfreunde Sean Connery und Michael Caine, die viel von ihrer Kameraderie und Hemdsärmeligkeit in die Darstellung einfließen ließen. Dabei gelang es ihnen, präzise im Idiom des Autors zu bleiben, dessen Stil sich verlustfrei ins Drehbuch gerettet hat.
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