betr.: Tag der Senioren (seit 1988)
„Best Ager“ ist ursprünglich ein Begriff aus dem Bereich des Marketings. Er bezeichnet eine konsumfreudige Kundengruppe im fortgeschrittenen Alter mit entsprechender finanzieller Ausstattung. Passend zur Gesellschaftsstruktur der Jahrtausendwende etablierte sich ein Filmgenre, das diese Bezeichnung übernahm: Filme für eine immer älter werdende (und im Alter körperlich immer fittere) Gesellschaft. Leider musste dieser sinnvolle Ansatz auch auf dem filmischen Niveau der Jahrtausendwende verfolgt werden. Die Beiträge sind tutig, verlogen und so erbarmungslos seicht wie man sich das Leben im Altersheim vorstellen würde, wollte man der Eigenwerbung dieser Institute glauben (also kräftig idealisiert, aber trotzdem schlimm genug).
Inzwischen versuchen die Filmemacher, durch das Hinzutreten der jüngeren Generation (der der Kinder und Enkel) eine zusätzliche Ebene in ihre Geschichten einzuziehen: die Alten werden dement, und die Nachkommen „gehen damit um“. Filme wie „Honig im Kopf“ (2014) sind große Erfolge, obwohl sie künstlerisch mit dem Versuch überfordert sind, dem Thema auf amüsante Weise gerecht zu werden.
Tragischerweise spielte beim Siegeszug dieses Phänomens ein Schauspieler eine tragende Rolle, der bis dahin zu den besten gezählt hat. Ausgerechnet der sardonisch-abgründige Komödiant Jack Nicholson (buchstäblich zu allem fähig) drehte den einzig geglückten Beitrag der Gattung, „About Schmidt“ (2002), den letzten Film, in dem er als Schauspieler noch einmal alle verblüffte und (schwer genug) überraschte, um unmittelbar danach mit „Was das Herz begehrt“ (2003) auf die Rosamunde-Pilcher-Seite der Abendunterhaltung zu wechseln, wo sich viele ähnlich Große und Grandiose versammeln sollten: Diane Keaton, Shirley MacLaine, Michael Caine (der schon immer zugab, wer seine Miete bezahlen wolle, könne nicht nur gute Filme drehen), Morgan Freeman und – natürlich! – Judi Dench, seit gut 20 Jahren die wackere Kino-Omi vom Dienst. Möge uns der Himmel davor bewahren, dass auch Meryl Streep diesen Blödsinn mitmachen wird.
Ginge es denn auch anders?
Nur, wenn man sich warm anzieht und die behauptete Freude am Tiefgang ernst meint – etwa, um „Liebe“ von Michael Haneke (2012), „Flüsternde Wände“ von Brian Forbes (1967) oder „Der Schwimmer“ von Frank Perry (1968) auszuhalten. Oder wenn man dem Entertainment alter Schule eine Chance gibt, sei es mit Klassikern wie “Rampenlicht“ (1951), mit den nicht rundum geglückten Verfilmungen solch großartiger Musicals wie „Mame“ (1966/74) oder „Finan’s Rainbow“ (1947/68). Oder indem man den Spuren früherer Filmstars folgt, die ihre hohen Ansprüche bis ins reife Spiel-Alter vor der Kamera bewahrten, die sogar besser und immer besser wurden: Charles Laughton, Jean Gabin, Spencer Tracy und Margaret Rutherford. Künstler also, die den Ausdruck „Best Ager“ verdient gehabt hätten.
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