Breaking Out

betr.: Medienkunde

Und wieder gibt es für einen besonders alten Hut einen sexy Neologismus aus dem englischen Sprachraum!
Ein „breakout character“ ist das personelle Kernstück eines Spin Off: eine Nebenfigur, die aus einer Serie aussteigt, um von deren Erfolg profitierend ein eigenes Format zu tragen. Dieses Prinzip wurde 1960 in der „Andy Griffith Show“ erstmals vorgeführt (und bald darauf von Marvel Comics auch in einem Printmedium etabliert und gepflegt). Im Streaming hat es zu einer neuen Blüte gefunden, ermöglicht es doch den Produzenten, eine Serie nach deren Auslaufen mit einer Vorgeschichte weiter auszuwerten (wie im Falle des schmierigen Anwalts aus „Breaking Bad“). Nach hinten gibt es keine Luft mehr, weil die Figur erzählerisch oder biologisch an ihr Ende gekommen ist. So verfuhr man sogar im Kino (mit der Vorgeschichte des „Star Wars“-Helden Han Solo).
In der Ära des linearen Fernsehens wurden solche Geschichten noch parallel zum Hauptstrang erzählt, damit die Fans eines laufenden Erfolgs ein weiteres Mal einschalteten: „Frasier“ verließ die Kneipengesellschaft von „Cheers“, „Stockinger“ die Amtsstube von „Kommissar Rex“ – und Gaststars aus der alten Umgebung konnten zu Besuch kommen, um für gute Stimmung zu sorgen.
Nicht jede originelle Charge verträgt eine solche Beförderung und erweist sich ohne ihr natürliches Umfeld als nicht abendfüllend. Das kann sogar Hauptfiguren passieren.
Als nach gut zehnjähriger Pause der „Tatort“-Ermittler „Schimanski“ unter eigenem Logo auf den Bildschirm zurückkehrte, war die Luft raus. Ein Großteil des Vergnügens hatte in den Rangeleien des unkonventionellen Rüpels mit seinem (inzwischen verstorbenen) pingeligen Kollegen und in den Beschränkungen durch die Dienstvorschriften bestanden. Mit Schimanski als frühverrentetem Vagabunden, der mit einer schönen (und sehr pflegeleichten) Frau auf einem Hausboot im grenznahen Ausland lebte, fiel dieser Gag in sich zusammen – was angesichts des heißerwarteten Wiedersehens mit dem alten Haudegen niemanden störte.
Manche Figuren wollen aber einfach ihr Geheimnis bewahren. Über ein aktuelles Beispiel klagte ein Kritiker, dieser Held habe durch seine Leerstellen funktioniert. „Man sollte ihn nicht erklären, sondern als Deus ex Machina auf eine Geschichte loslassen. Aber das widerspräche natürlich der Kommerzlogik der Streamingdienste“.   

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Eine Antwort zu Breaking Out

  1. John sagt:

    Spin off kann auch bedeuten, dass man Charakter nach Ende der Serie in Form einer neuen Geschichte weiterleben lässt, wie es zB bei der Sitcom FRIENDS umgesetzt wurde. Man ließ Matt LaBlancs Charakter Joey einen Neustart statt in LA (statt NYC) versuchen – mit enttäuschendem Ergebnis.

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