Erinnerungen an Dirk Bach

betr.: „Dear Dicki“ (rororo)

„Crazy Race“ – mit Dirk Bach unterwegs im Reich der Klamotte – Bild: RTL / Universum Film

In gut zwei Wochen ist es zehn Jahre her, dass eines der beliebtesten TV-Gesichter uns jählings verlassen hat: Dirk Bach. Ein Mann, der für die Sachen, die er da auf dem Bildschirm trieb, im Grunde total überqualifiziert war.
Dass er zuallererst ein „richtiger Schauspieler“ gewesen ist, haben viele noch miterlebt. Und auch wer erst durch seine „Dirk Bach Show“ auf RTL an ihn geriet, die inzwischen dreimal so weit zurückliegt, wird etwas in dieser Richtung geahnt haben. Aber Dirks Charme wirkte jenseits solcher Einordnungen. Die gleiche Herzensgüte (ich möchte von „Knuffigkeit“ sprechen), die ihn persönlich auszeichnete, galt auch seinem Publikum – und umgekehrt.
Es war ein seltener Glücksfall. Dirk war echt.

Drei Freunde, die nun Hinterbliebene sind, haben das letzte Jahr damit zugebracht, unzählige Briefe anzuregen und einzusammeln, die andere ihm nun geschrieben haben: Hella von Sinnen (einst Dirks Mitbewohnerin), Cornelia Scheel und Pelle Pershing. Die Liste der Rückläufe ist beachtlich und reicht von Sandkastenfreundschaften über den Kölner Underground der 80er Jahre bis in unsere mediale Gegenwart. Irgendwo dazwischen tummeln sich ehrenvolle Kabarett-Größen, denn die Kleinkunst war eine, die Dirk ebenfalls beherrschte.
Für die vielen Fans des früh verstorbenen Komödianten versteht sich von selbst, warum sie sich dieses Buch – es ist eine richtige Schwarte geworden – sogleich besorgen werden. Aber obwohl ich ja gewissermaßen zu den Befangenen gehöre, glaube ich noch etwas darin gefunden zu haben, was uns alle angeht. Sogar die, die Dirk Bach erst noch entdecken müssen – zehn Jahre sind ja eine verdammt lange Zeit …

Die schriftlichen Souvenirs (die von unzähligen Fotos aus sämtlichen Lebensabschnitten des Helden begleitet werden) ergänzen sich auf verblüffende Weise zu einer biographischen Großaufnahme. Sie lassen sich in drei Gruppen aufteilen. Da sind einmal die zumeist großen Namen, die fast eine Auditoriumsperspektive einnehmen und denen Geschliffenes, aber nicht unbedingt Persönliches einfällt („Wäre schön, wenn du jetzt bei uns wärst. Gerade in diesen komplett verrückten Zeiten.“). Einige räumen das auch erfrischend ein („… ich will hier gar nicht unken und auf Kumpel machen; denn im Grunde kannten wir uns gar nicht.“).
Es gibt auch das verschwindende Grüppchen derer, die all die Jahre immer nur von sich selbst geredet haben und die es weiterhin tun („… ich hatte eine Affäre mit dem Darsteller des Jochanaan“).
Der weitaus größte Teil der Briefe jedoch erzeugt durch seine Wärme und Subjektivität diese übergreifende Wirkung, die ich meine.
Wenn man mehrere davon hintereinander liest, kann man auf den Gedanken kommen: schade, dass all das erst jetzt geschrieben wurde. Und dann fallen einem all die lebenden Mitmenschen ein, denen man vielleicht schon länger nicht mehr gesagt hat, wie lieb man sie hat oder wie gut man findet, was sie machen. – Nicht wenige sind in diesem Buch versammelt.

Obwohl ich nicht zu denen gehört habe, die Dirk „Dicki“ nannten (hätten nennen dürfen?), habe ich damals und auch danach immer wieder erlebt, wie üppig ihm die Liebe der Seinen schon zu Lebzeiten zuteilwurde, gerade von Hella.
Also: schon alles in Ordnung. Aber natürlich komme ich ins Nachdenken.
Ich habe lange auf einem Planeten gelebt, auf dem die Menschen einander einfach mal angerufen oder besucht (!) haben, weil sie sich mal wieder sehen wollten – ohne einen weiteren Grund. Das ist für uns Heutige außerhalb ganz enger Freundschaften schon beinahe Aberwitz. Meine Komplimente – egal ob menschlich oder professionell – sind den Adressaten meistens eher peinlich. Im Zweifelsfalle muss ich noch ein bisschen üben.
Allgemein löst spontane Zustimmung in unseren optimierten virtuellen Abläufen häufig Misstrauen aus – Was will der von mir? Aber all das kann ja keine Ausrede sein!
Auch davon handelt „Dear Dicki“. Es ist ein „kugellustiges“ Fanbuch (ich liebe dieses Wort aus Rolf Kaukas Zeiten) und eine Biographie, die bisher vermisst wurde.
Und es ist noch weitaus mehr. 

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