Das Genre der Stunde: der Kriegsfilm

Das Genre möchte sowohl jene ansprechen, die sich die unterhaltsame Vermittlung einer pazifistischen Botschaft wünschen – eine Abbildung des Grauens und der Sinnlosigkeit einer Katastrophe, bei der es letztlich keine Sieger geben kann – als auch die Freunde expliziter Gewaltdarstellungen, in denen sich große Menschenmassen aufreiben. Pikanterweise ist einer der ewigen Klassiker des Genres „Die Brücke am Kwai“ (GB/USA 1957) ein Film, der einen Spagat hinbekommt. Das Schlussbild könnte sinn- und trostloser nicht sein, doch das Geschmetter britischer Marschmusik (die können es einfach am besten!) lässt den Militärromantiker im Publikum das Gesicht wahren. Alec Guinness ist ein Held, wenn auch ein gebrochener.
Die ältesten / schwarzweißen Evergreens des Kriegsfilms schlagen sich klar auf die Seite der Antikriegsbotschaft: „Im Westen nichts Neues“ (USA 1930), „Die große Illusion“ (F 1937) und „Die Brücke (D 1955).
Seit den späten 70er Jahren befördert der zunehmende Realismus der Darstellung die Option, sich am Gemetzel zu berauschen. Das gilt für so unterschiedliche Werke wie „Apocalypse Now“ (USA 1979) (sowie eine Vielzahl weniger bedeutender Vietnam-Filme) und „Das Boot“ (D 1981).
Der Transport patriotischer Gefühle wird vom Publikum am ehesten goutiert, wenn er aus Hollywood kommt – etwa in „Der Soldat James Ryan“ (USA 1998) -, denn auch hier gilt Hitchcocks alte Regel, dass Amerika nun einmal aus Ausländern besteht und seine Filme deshalb weltweit so gut verstanden werden.
Die Fantasy hat (vor allem im epischen Serienfernsehen) dem Kriegsfilm inzwischen den Rang abgelaufen, was explizite Gewaltorgien auf dem Schlachtfeld angeht. Der Kriegsfilm spezialisierte sich folgerichtig auf die möglichst getreuliche Abbildung historischer Szenen mit entsprechendem Anspruch: in Historienfilmen wie „Dunkirk“ (USA 2017) und „1917“ (USA 2019), aber auch in den zeitgenössischen Krisenstoffen „Sniper – Der Scharfschütze“ (USA 1993) und „Tödliches Kommando – The Hurt Locker“ (USA 2008).

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