betr.: 117. Geburtstag von Wolfgang Liebeneiner

Der Schauspieler und Regisseur Holger Mahlich (auch als Sprecher hat er Fabelhaftes geleistet) hat die Romanbiographie eines der bekanntesten Kinoregisseure des Nationalsozialismus vorgelegt. Autor und Gegenstand sind einander familiär verbunden, wenn Mahlich seinem Schwiegervater auch nur einmal eher oberflächlich begegnet ist.
„Der Unpolitische“ bekommt das delikate Genre der zeitgeschichtlichen Berichterstattung in Romanform gut in den Griff. Im Grunde haben wir es mit einer Doppelbiographie zu tun; Mahlichs eigene Vita als junger DDR-Schauspieler fließt mit ein.
Was dem Buch in puncto Recherche hilft, fällt ihm leider auch auf die Füße. Wolfgang Liebeneiner war gewiss kein Fanatiker, der den NS-Amüsierapparat aus politischer Überzeugung befeuerte (noch weniger als Veit Harlan, und es gab noch weitaus Schlimmere). Die politische Integrität des Künstlers in barbarischer Zeit wird uns jedoch allzu aufdringlich aufgetischt. Was in Wolfgang Liebeneiner tatsächlich vorgegangen ist, kann niemand mehr sagen. Mahlich selbst fragt sich, wie er wohl in dieser Lage agiert hätte. Doch sobald wir Leser es ihm gleichtun wollen, kommt uns ein Protagonist in die Quere, der kein Wässerchen trüben kann. Auch Gustaf Gründgens, eine der prominenten Nebenfiguren dieses Romans, wird von allem Abgründigen und Zwielichtigen entkleidet. Derart rundgelutscht, ohne seinen Januskopf ist er kaum wiederzuerkennen – und eine seltsam platte Erscheinung.
„Der Unpolitische“ ist informativ und flott geschrieben, ein sehr gescheites Buch. Und doch konnte ich nicht verhindern, bei der Lektüre immer wieder an die Alters-Verrenkungen eines Götz George zu denken, der seinen Vater unbedingt zum verkappten Widerstandskämpfer hochzudekorieren versuchte.
Vor 30 Jahren hat der Filmkritiker Hans-Christoph Blumenberg einem von Liebeneiners Filmen übrigens ein ganzes Werk gewidmet. Es ist ein Hochgenuss. Man muss die beiden Bücher gar nicht gegeneinander ausspielen, sie ergänzen einander.
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* Eine Information zu diesem Text findet sich hier: https://mediarep.org/bitstream/handle/doc/10280/MEDREZ_1994_3_321_Jung_.pdf?sequence=-1&isAllowed=y