Demnächst wieder im Kino: „Der Strohmann“*

betr.: 32. Todestag von Martin Ritt

Martin Ritt begann als Assistent am Theater und war Schauspieler, bevor er zu seiner eigentlichen Bestimmung fand. Angeblich war er mit Mitte 20 immerhin so gut, dass er am Broadway um ein Haar die Hauptrolle in „Pal Joey“ bekommen hätte, mit der dann Gene Kelly seine Karriere startete. Als Regisseur entwickelte Ritt eine Vorliebe für soziale Themen. Als er 1975 „Der Strohmann“ drehte, der am 20. Und 25. Dezember im Rahmen einer Filmreihe im Hamburger METROPOLIS Kino gezeigt wird*, arbeitete er seine eigene Vergangenheit in der McCarthy-Ära auf. Interessant ist der Film auch wegen der Besetzung der beiden Hauptrollen. Woody Allen hat seinen besten Auftritt unter fremder Regie, und der Charakterkomödiant Zero Mostel bietet nach meiner Einschätzung seine imposanteste auf Film dokumentierte Leistung – seine klassische Broadway-Rolle als Milchmann Tevje in „Fiddler On The Roof“ durfte er nicht verewigen, weil der Regisseur der Filmversion, Norman Jewison, ihn nicht mochte, und die mittlere Phase von Mostels Schauspielerkarriere (insbesondere sein Filmschaffen) wurde wiederum durch seinen Platz auf McCarthys Schwarzer Liste sabotiert.

Woody Allen ist gespalten, was „Der Strohmann“ betrifft. In seiner Autobiographie „Ganz nebenbei“ bezeichnet er ihm als „den ersten brauchbaren Film über die Schwarze Liste“, fand ihn aber insgesamt enttäuschend. Allen: „Ich tippe auf Mängel im Drehbuch, die wir alle übersehen haben. Martys Regie war gut, wir haben alle ordentlich gespielt, aber, um keinem Geringeren als Blaise Pascal die Worte zu verdrehen: Die Kunst hat ihre Gründe, die der Verstand nicht kennt. (…) ‚Der Strohmann‘ war zwar gut geschrieben, und bis heute konnte niemand echte Fehler finden, aber irgendwo steckte da wohl der Wurm drin.“ Allen gibt sich am mageren Kassenerfolg ein wenig selbst die Schuld, weil der Film auf dem Plakat so aussah, als wäre er eine typische Woody-Allen-Komödie. „Trotzdem, er ging nicht komplett unter und wird bis heute oft an Colleges gezeigt, weil er zum Thema politische Bildung recht informativ ist.“

Um noch einmal auf Martin Ritt und seine verhinderte Darstellerlaufbahn zurückzukommen: von seinen Fähigkeiten auf diesem Gebiet man sich einen Eindruck verschaffen. Maximilian Schell ließ Ritt im Herbst 1974 die Hauptrolle des todkranken Ermittlers Hans Bärlach in Dürrenmatts „Der Richter und sein Henker“ spielen.  
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* Die Filmreihe „Die freiwillig komische Leinwand“ basiert auf der ST. GEORGE HERALD-Serie „Der Komiker als Filmheld“. Am 20.12. um 19 Uhr läuft die deutsche Fassung mit Einführung, am 1. Weihnachtstag um 19 Uhr 15 die Originalversion.

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