Die wiedergefundene Textstelle: Heimatfront (WW II) – Ein Prolog

betr.: 80. Jahrestag der New-York-Premiere von „Air Raid Wardens“

Der melancholische Reiz entlegener Lebensräume wird hier häufiger gewürdigt.* Auch in „Air Raid Wardens“ findet sich ein klassisch-obskures sprachliches Vorspiel. Dem Film selbst sollte eine Warnung vorausgeschickt werden – zumindest an die Adresse der Fans von Laurel und Hardy, die in diesem Ensemble-Stück die Hauptrollen spielen. „Air Raid Wardens“ ist ein unaufgeregter Beitrag zum US-Propagandakino der frühen 40er Jahre (so weit, so unanstößig). Leider zählt er zum weitgehend beklemmenden Spätwerk von Laurel & Hardy, mit denen bei 20th Century Fox niemand mehr etwas anzufangen wusste. Das Schreckliche an diesem Film ist die Selbsteinschätzung der beiden Helden: zu schade, dass wir so doof sind. Das ist nicht nur als handwerklicher Ansatz tödlich für jede Art von Comedy, es ist außerdem eine unverdient schmachvolle Aufgabe für zwei so verdiente Komödianten.
Sei’s drum!

Das ist das Städtchen Huxton – nicht so bedeutend wie Chicago oder New York, nur eine Kleinstadt. In Huxton ist nie viel los, höchstens eine Tanzerei im Feuerwehrsaal oder mal eine Hochzeit.
Aber eines Tages war dafür besonders viel los! An diesem Tag war der Friseur Charlie Bogart so aufgeregt, dass er drei Kunden ins Kinn schnitt und einen in den Adamsapfel. Dieser Kleine ist gerade rasiert worden. Er heißt Midlan, Hugo Midlan. Er ist noch nicht lange in Huxton, erst seit ein paar Tagen.
Aber der hier lebt schon ewig in unserem Städtchen. – Tag, Käpt’n Widdle! – Er ist Rektor an der Oberschule. Er hat mich mal rausgeschmissen. Ich hab’s allerdings verdient gehabt.
Das ist die Lokalzeitung. Der Mann am Pult ist der Herausgeber: Dan Madison, der meistbeschäftigte Mann der Stadt. Er ist gerade als Luftschutzleiter in Huxton eingesetzt worden. Und das ist Peggy Parker, Dan Madisons Chefreporterin. Nein, nein, kommen Sie jetzt nicht auf falsche Gedanken! Die beiden sind miteinander verlobt. Jeder in Huxton hat Peggy gern.
Dies hier ist Mr. James P. Norton, Direktor der Bank. Er gibt  jedem gerne Kredit und am liebsten noch seine eigene Frau dazu. Die loszuwerden, wäre für ihn kein Verlustgeschäft. – Guten Morgen, Mr. Norton! – Die beiden sind ein sehr glückliches Paar. Mr. Norton betet den Boden an, auf dem Mrs. Nortons Großvater Öl gefunden hat.
Da wir gerade von Paaren sprechen, gehen wir doch mal hierher. Die beiden kannte ich schon lange bevor sie berühmt wurden. … Da fällt mir ein, ich habe gerade gehört, dass sie in eine andere Branche eingestiegen sind … Ach ja, Tierhandlung. Damit müssten sie eigentlich besonderen Erfolg haben. … Was? Schon wieder umgezogen? Die beiden scheinen Zigeunerblut in sich zu haben! … Ah, da haben wir sie ja wenigstens gefunden. Aber am ersten Tag schon wieder zumachen? – Ich verstehe! Das sind die beiden ersten Kriegsfreiwilligen in Huxton. Sie wollen sich gerade melden gehen, und mit einem Nein werden sie sich nicht abspeisen lassen!
Sieh sie dir an, Onkel Sam! Was meinst du? Nein?
Was glauben Sie, ob die Marine sie nimmt? Auch nicht?
Aber vielleicht können sie zu den Landungstruppen? Nein?
Hat sie das nun entmutigt?
Tja, es sieht so aus …
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* Ein hochliterarisches Beispiel findet sich hier: https://blog.montyarnold.com/2022/11/19/21783/

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