Heldenreise in die Beliebigkeit

Ronny Fanta war als Gast auf der Gamescom 2023 und fasst seine Eindrücke für uns zusammen.

Es ist offensichtlich, dass sich das Verhältnis zwischen Spielen und Content-Erstellern auf der Gamescom verändert hat. Das lässt mich, den oft betonten Besucherrekorden zum Trotz, mit einem gewissen Unbehagen in die Zukunft blicken.
Dieses Jahr wurden rund 320.000 Besucher gezählt, im Vergleich zu 265.000 im Jahr 2022, was einem Anstieg von 21% entspricht – eine erfreuliche Entwicklung. Doch im Hinblick auf den eigentlichen Gegenstand der Veranstaltung fiel auf, dass ihr viele große Publisher wie Sony, Square Enix oder Electronic Arts ferngeblieben sind.
Obwohl die Stände von Microsoft und Nintendo riesig waren (Microsoft belegte fast eine halbe Halle), war das Angebot an Novitäten recht dürftig. So bot Nintendo den Besuchern „Everybody 1-2-Switch“ (veröffentlicht im vergangenen Juni) oder „The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom“ (vom Mai 2023) zum Spielen an, Microsoft hatte „Flight Simulator“ (August 2020), „Sea of Thieves“ (2018) und „The Elder Scrolls Online“ (2017) im Angebot.
Stattdessen wurde Unternehmen wie Netflix eine Bühne geboten. Hierüber kann man geteilter Meinung sein, aber um es klarzustellen: Netflix präsentierte Serien, keine Spiele. Auch die Bundeswehr und Disney konnten für sich werben.

Wie sieht es bei den Content-Erstellern aus? Ich bin nicht besonders tief in der Welt der „TikToker“ oder „Instagrammer“ involviert; ich kenne einige bekannte Gesichter, aber das war es auch schon. In diesem Jahr gab es so viele Content-Creator wie nie zuvor. Zusätzlich zur Halle 1 wurde auf der Freifläche neben Halle 8 der „Red Bull Creator Club“ geschaffen, der ausschließlich für Creator zugänglich war. Dort versammelte sich oft eine Gruppe junger, motivierter Menschen, denen es gefiel, Essen oder Trinkbecher gegen die Scheiben zu werfen, wenn kein Creator aus dem Gebäude kam. Theoretisch hätte die Messe-Security diese Gruppen auflösen müssen, so wie es früher auch gemacht wurde, wenn Besucher die Flächen blockierten. Das wurde zumindest nicht konsequent umgesetzt.

Viele dieser Content Creator hatten gar nichts mit Gaming zu tun. Die unzähligen Fans der Influencer machten dem klassischen Game-Publikum und den Cosplayern die Tickets und den Platz auf der Messe streitig. Ich würde mir wünschen, dass Influencer ihre eigene Creator-Messe erhielten bzw. ausrichteten. Gamescom und die Koelnmesse sind gefordert, den abwandernden Publishern entgegenzukommen, da ihre Buchungen immer weiter abnehmen.
Als jemand, dem die Gamescom am Herzen liegt, bereitet es mir Sorge, welchen Weg sie eingeschlagen hat und dass die Grenzen zwischen Entertainment und Gaming mehr und mehr verschwimmen.

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