Lesen vom Blatt: Lange Sätze

betr.: Sprechen am Mikrofon / Übung

Fortsetzung vom 28. Oktober 2023

John Cheever (1912-82) ist einer der Großmeister der amerikanischen Kurzgeschichte und gehört überdies zu jenen, die häufig für ihre knappen Sätze, für die Ökonomie ihrer Sprache gelobt worden sind. (Auch Raymond Carver, dessen Stories durch einen Film mit dem bezeichnenden Titel „Short Cuts“ dem deutschen Publikum besser bekannt wurden, wird für diese Tugend geschätzt. Schließlich kam ans Licht, dass er eher weitschweifig formulierte und dass es seine Frau war, die als seine erste Lektorin das meiste davon gestrichen hat.)
Zu Beginn seiner Kurzgeschichte „O Jugend, o Schönheit“ macht Cheever eine Ausnahme.

Wenn eine jener langen, zahlreichen Samstagabendpartys in Shady Hill sich dem Ende zuneigte, wenn alle, die am nächsten Morgen Golf oder Tennis spielen wollten, schon vor Stunden nach Hause gegangen waren und die zehn oder zwölf Zurückgebliebenen außerstande zu sein schienen, Schluss zu machen, obwohl Gin und Whiskey bereits zur Neige gingen und hier und da eine Ehefrau, die nur noch bis zum Aufbruch ihres Mannes durchhalten wollte, dazu übergegangen war, Milch zu trinken; wenn allen das Zeitgefühl abhanden gekommen war und die Babysitter, die zu Hause auf diese Unentwegten warteten, sich schon lange auf dem Sofa ausgestreckt hatten und in tiefen Schlaf gesunken waren, um von den Kochwettbewerbspreisen, Ozeanreisen und Liebesabenteuern zu träumen, wenn der streitsüchtige Betrunkene, der Pianist und die Frau, die ihre letzten Hoffnungen zunichtewerden sah, alle zu Wort gekommen waren, wenn jeder Vorschlag – zum Frühstück zu den Farquarsons zu gehen, schwimmen zu gehen, zu den Townsends hinüberzugehen und sie aufzuwecken, hierhin zu gehen und dorthin zu gehen -, kaum gemacht, schon im Sande verlief, dann fing Trace Bearden an, Cash Bentley mit seinem Alter und seinen dünnen Haaren aufzuziehen.

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