… oder ich fress dich!

betr.: 26. Todestag von Max Colpet

Max Colpet teilt in seinen 1978 erschienenen Lebenserinnerungen einen Vorbehalt, den ich vor einigen Monaten hatte, als in Hollywood die Drehbuchautoren streikten. Als sie ihrer Sorge Ausdruck verliehen, von der KI ihrer Jobs beraubt zu werden, konnte ich einen gehässigen Reflex nicht unterdrücken: was mir in den letzten Jahren an Drehbuchqualität von dort begegnet ist, könnte ein Computer mindestens genausogut, und insofern ist die Sorge der Autoren berechtigt. Ich schäme mich dieses Gedankens nicht etwa weil ich ihn für übertrieben oder unzutreffend halte – er stimmt haargenau! -, sondern weil mir bewusst ist, dass heute kein Autor mehr wirklich seine künstlerische Arbeit machen darf, ohne dass sich hernach mehrere Nicht-Autoren (die Leute mit dem Geld und der Verantwortung) am Ergebnis zu schaffen machen. Der einzige, der in Hollywood über solchen Problemen steht, ist Quentin Tarantino, und der hat schon lange keine Lust mehr, diese Freiheit auszunutzen.

Doch zurück zu Max Colpet. Als der aus der Emigration zurückkehrte – aus den damals noch vergleichsweise anarchisch-kreativen USA -, kamen ihm die deutschen Verhältnisse unsagbar eng und vermurkst vor. Das waren sie auch, besonders nach den „Säuberungs“-Bemühungen des Nationalsozialismus, von denen wir uns bekanntlich bis heute nicht erholt haben.
Als Liedtexter störte sich Colpet weniger an den Drehbüchern als an der Banalität des musikalischen Angebots. Nach seiner berühmten Eindeutschung von „Sag mir, wo die Blumen sind“ schämte er sich „direkt, dass ich mit einem so dummen Text wie ‚Bohnen in die Ohren‘, den ich aus Gefälligkeit für Gus Backus schrieb, das Zehnfache verdiente.“ Den Begriff „Schnulze“ habe er erst nach seiner Heimkehr kennengelernt, erzählte Colpet in einem Interview. „Merkwürdigerweise gibt es ihn nur in Deutschland, wahrscheinlich weil er sich auf ‚Schulze‘ reimt wie ‚Knüller‘ auf ‚Lieschen Müller’. Es sind immer die gleichen banalen Reime, die man auf jeder Hitparade hört. Ohne ‚Dir und mir’, ‚Glück und zurück‘, ‚allein und Sonnenschein‘ geht es offenbar nicht. Demnächst wird man diese Worte, fürchte ich, in einen Computer tun.“

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