Immerhin ein böser Junge

betr.: 65. Todestag von George Antheil

Der Amerikaner George Antheil war stets angreifbar – was für einen Künstler ja erst mal keine schlechte Sache ist. Vor allem im Europa der 20er Jahre interessierte man sich für seine Musik. Es war die leider vergangene Zeit, als man mit Ausstellungen, Konzerten und Theateraufführungen noch Skandale verursachen konnte. Antheil bezog Mechanik in seine Konzerte ein, so in seinem Hauptwerk „Ballet mécanique“ mit mechanischem Klavier, Propellergeräuschen und Sirenen. Nach der Uraufführung einer überarbeiteten Version des Werks 1926 in Paris war Antheil als Komponist der Moderne anerkannt – James Joyce, Ernest Hemingway, Man Ray und Pablo Picasso zählten zu seinen Bewunderern – und berüchtigt.
Im folgenden Jahr erlebte er in New York eine persönliche Katastrophe. Bei der Präsentation des „Ballet mécanique“ in der Carnegie Hall schmähten seine Landsleute das Werk als ein „lächerliches Spektakel“. Erst 62 Jahre später wurde es nochmals originalgetreu dort aufgeführt, und diesmal entstand auch eine Aufnahme. (Die Peter-Sellers-Komödie „The World Of Henry Orient“ von 1964 widmet sich dem Phänomen der Neuen Musik und zeigt einen vergleichsweise ohrgängigen Konzertabend mit dezent-ablehnenden Reaktionen.)

George Antheil wollte auch in seiner Heimat Anerkennung finden (die USA galten noch immer als „kulturlos“, ganz besonders in der klassischen Musik). Dass er außerdem als Forscher, Erfinder und Buchautor arbeitete, kam seinen Kritikern gerade recht. Sie warfen seiner Musik fehlende Substanz vor, zumal Antheil modischen Trends gegenüber aufgeschlossen war. Er wechselte vom Avantgardistischen, Mechanistischen zum Neoklassizismus und zur Neoromantik. Dass er sich von seinen Geldsorgen auch nach Hollywood verschlagen ließ, wo sein Sound weiter gezähmt wurde, besiegelte seinen Ansehensverlust.
Dies ist einer seiner Vorspänne, die Musik für ein Drama von Stanley Kramer:

Nun ärgerte man sich allerseits über das Fehlen der innovativen und unkonventionellen Ansätze, die den Musiker doch einst ausgezeichnet hatten. Antheils Werdegang gilt als beispielhaft für den tragischen Niedergang eines visionären Genies. Unter diesen Umständen kann er mit dem Etikett recht zufrieden sein, dass seinen Namen heute zuverlässig ziert: „Bad Boy Of Music“.

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