Schludrigkeiten um ein Kleinod

betr.: die 18. Folge der Hörbuchreihe „Hitch und ich“ ist da!

„Family Plot“ ist kein unbeliebter Film, dennoch wird er nicht fair behandelt. Übergeht man ihn einmal nicht als Nebenwerk, wird ihm verübelt, den alten Hollywood-Glamour von „Marnie“ oder „Vertigo“ vermissen zu lassen (je nachdem, was gerade so als Meisterwerk offiziell im Kurs steht). Seit klar ist, dass dies Hitchcocks letzter Film bleiben würde, hat sich die abfällige Einordnung verselbstständigt. Ein so fähiger Filmhistoriker wie Frank Noack führt „Family Plot“ allen Ernstes als einen Beleg für seine These an, dass die meisten klassischen Filmregisseure zum Ende hin nichts Gescheites mehr zuwege gebracht haben.
Wer sich dieses alterslose Spätwerk tatsächlich anschaut, könnte den Eindruck gewinnen, dass solche Vorbehalte gern voneinander abgeschrieben werden.

John Russell Taylors Hitchcock-Biographie vertut sich auf amüsantere Weise, wenn sie im Register den (nach gemeinsamen Projekten gerechnet) Lieblingsschauspieler des Meisters, John Williams mit dem Komponisten gleichen Namens verwechselt. Zweiterer hatte die Ehre, die Filmmusik für „Family Plot“ zu schreiben, würdige Coda für ein Lebenswerk. John Williams, der Musiker, befand sich zu dieser Zeit auf der Höhe seiner Kunst. In den frühen 70er Jahren hatte er den Sound für das damals so beliebte Genre des Katastrophenfilms ausdefiniert und war in diesem Zusammenhang auch Steven Spielberg und dem „weißen Hai“ begegnet. In Abenteuerfilmen, Romanzen und jazzigen Komödien hatte er sich außerdem bewährt. Für Hitchcock bündelte er nun all sein Können und schrieb einen Score, der in seiner verspielten Frechheit an Ron Goodwins „Miss Marple“ erinnert und der souverän illustriert, was auch Hitchcocks Arbeit auszeichnet: die Verbindung und Witz und Nervenkitzel. Im folgenden Jahr sollte sich Williams‘ Schicksal erfüllen: er schrieb die Musik für „Star Wars“, den heute meistgespielten Soundtrack, und besiegelte damit seinen gegenwärtigen Ruf, der „größte Filmkomponist aller Zeiten“ zu sein. Wir sehen: die Fehlurteile nehmen kein Ende.

Näheres zum Vergleich von Roman und Verfilmung folgt.

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