Versteckte Peinlichkeiten

betr.: Aus Werkstatt und Labor

Kürzlich traf ich einen jungen Kollegen zum Brainstorming. Er zeigte mir sein Drehbuch für eine Komödie.
Ich sprach ihn auf die Regieanweisungen an, die sehr albern formuliert waren, voller offensichtlicher Pointenversuche. Er reagierte mit der Routine eines Schlawiners, der es gewohnt ist, bei einer gewissen Sache erwischt zu werden. Er meinte, diese Formulierungen dienten dazu, die Darsteller zu inspirieren. Die Regie etwa auch? – Ja, die Regie natürlich auch! Es seien ja nur Angebote, weiter nichts.
Als ich ihm sagte, dass es von den Umsetzenden nicht geschätzt wird, wenn man ihnen zu sehr in ihre Arbeit hineinredet, machte er ein ganz unschuldiges Gesicht, so als wüsste er gar nicht, wovon ich rede.
Ich schaltete einen Gang rauf. Diese Formulierungen seien leider überhaupt nicht witzig und außerdem geeignet, die Wirkung der eigentlichen Texte zu beschädigen. Selbst gute Pointen würden an dieser Stelle nicht funktionieren. Was immer gesagt werden muss, muss im Dialog oder in der Aktion passieren. Denn nur von dort aus gelangt es zuverlässig an den Konsumenten des fertigen Produktes.

Unter uns (das hab ich dem Kollegen lieber nicht gesagt): „witzige“ Regieanweisungen verfolgen in Wahrheit einen ganz anderen, überaus unbescheidenen Zweck. Sie sollen denen, die das Buch später einmal studieren (nachdem der Film ein derartiger Erfolg geworden ist, dass sich Jünger zum Studium einfinden), signalisieren: dieser Autor ist so durch und durch komisch, dass sogar seine Regieanweisungen Spaß machen.
Den machen sie aber nicht.
Sie wirken einfach nur eitel, und zwar auf jeden, der sie liest, angefangen mit den Kollegen, die das Drehbuch umzusetzen haben.
Sie sind unausweichlich und unweigerlich unangenehm.  

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