Die zweiten hundert Jahre

betr.: 100. Jahrestag der Veröffentlichung von „Der Zauberberg“* / Hörspielfassung auf BR2 und in der ARD Audiothek

Und weil’s so schön ist: auch auf das Hörspiel nach der berühmten Vorlage soll noch einmal hingewiesen werden, mit allen Infos auf einen Blick.
Auf die Wiederholung der TV-Verfilmung des „Lindenstraße“-Produzenten Hans W. Geissendörfer wird im aktuellen Trend übrigens verzichtet, obwohl sich ein solcher Beitrag im Festtagsprogramm gut machen würde. (Das muss gar kein abfälliges Werturteil sein, denn dazu müsste man den Anlass in unseren TV-Redaktionen ja immerhin ernst nehmen.)

BAYERN 2 RADIO REVUE
Bayern 2 Hörspiel

„Der Zauberberg“
von Thomas Mann
Hörspiel in 10 Teilen

Erste Folge: Mittwoch, 25.12.2024
20:03 bis 21:00 Uhr

Mit Udo Samel, Horst Sachtleben, Konstantin Graudus, Hans-Werner Meyer, Felix von Manteuffel, Friedhelm Ptok, Oliver Stokowski, Angelika Bender, Christiane Bachschmidt und anderen
Komposition: Michael Riessler
Regie: Ulrich Lampen
BR 2000
Verfügbar ab 20.12. in der ARD Audiothek und als CD-Edition bei Der Hörverlag

Der Zauberberg, der 1924 erschien, ist ein Jahrhundertroman. Gerhart Hauptmann schrieb während der Lektüre an den Verleger Samuel Fischer: „Ich bin überzeugt, dass, wenn er sich fortsetzt wie bisher und an epischer Ruhe, Haltung und innerem Reichtum nichts verliert, er unter die wenigen Meisterwerke seiner Gattung zu rechnen ist“. Der Bayerische Rundfunk präsentiert nun eine zehnstündige Radiofassung des „Zauberbergs“ mit Udo Samel als Erzähler und Konstantin Graudus in der Rolle des Hans Castorp.
Hans Castorp reist eigentlich nur für drei Wochen nach Davos, um einen kranken Vetter zu besuchen. Doch dann diagnostiziert Hofrat Behrens ein Lungenleiden, und der Aufenthalt des jungen Ingenieurs zieht sich über sieben Jahre hin. In Davos begegnet Castorp seinen zwei Erziehern, die allerdings nicht unterschiedlichere Positionen vertreten könnten. Lodovico Settembrini, ein gewandter, höflicher, italienischer Freimaurer, ist ein Vertreter der Aufklärung. Sein starker Hang zur Pädagogik erschwert jedoch den Umgang mit ihm. Als sein Gegenspieler tritt Leo Naphta auf, ein Jesuit und Kommunist, für den Georg Lukács als Vorbild diente. Und Castorp begegnet der schönen Russin Clawdia Chauchat, die ihn an seine homoerotische Neigung zu einem Schulkameraden erinnert. Nach Monaten wagt er es in der Faschingsnacht, sie anzusprechen. Die Russin erhört ihn, doch schon am nächsten Tag muss sie abreisen. Zwar kehrt sie zurück, doch zur großen Enttäuschung von Castorp in Begleitung von Mynheer Peeperkorn, einem reichen Lebemann, der aber von einem Fieber ausgezehrt ist. Gerhart Hauptmann gab für diese imposante Erscheinung das Vorbild ab. Der Selbstmord von Peeperkorn sowie ein Duell von Naphta und Settembrini läuten das Ende des „Zauberbergs“ ein. Der 1. Weltkrieg setzt den „Siebenschläfer“ Castorp vor die Tür. Der Roman endet auf einem namenlosen Schlachtfeld.

1. Teil:
Eintritt des vom Examen erschöpften Hans Castorp in die Welt des Sanatoriums. Sein Vetter Joachim klärt ihn über die Gesellschaft und ihre Regeln auf. Castorp begegnet zum ersten Mal dem scharfzüngigen Literaten Settembrini. (53’10)

2. Teil:
Madame Chauchat, die schöne Russin, erregt Aufsehen. Castorp akklimatisiert sich, er hat Anzeichen von Fieber und fühlt sich schwach. Er entwickelt die Theorie, dass Krankheit eine Art von Verfeinerung darstellt. Bei einer Bergwanderung befällt ihn ein heftiges Nasenbluten. (53’15)

3. Teil:
Castorp lässt sich endlich untersuchen. Behrens stellt ein Lungenleiden fest. Castorp, der sich in Chauchat verliebt hat, bleibt also. Settembrini diagnostiziert eine erste Entfremdung vom gewöhnlichen Leben und die Anpassung Castorps an die ausgesetzte Zeit des Zauberbergs. (53’15)

4. Teil:
Nachdem er drei Wochen liegend eine Erkältung auskuriert hat, kehrt Castorp in den Ess-Saal zurück. So kann er für Frau Chauchat die Tür öffnen. In den Zimmern von Hofrat Behrens sieht er das Ölporträt der Angebeteten. (53’30)

5. Teil:
7 Monate ist Castorp schon in Davos. Er liest anatomische Lehrbücher und besucht die Todkranken. Beim Fasching tanzt er mit Chauchat, die er einfach zu duzen beginnt. Aber schon am nächsten Tag wird sie abreisen. (53’10)

6. Teil:
Castorp hat als Pfand von Chauchat eine Röntgenaufnahme bekommen. Der Jesuitenschüler und Kommunist Naphta tritt auf und befindet sich sogleich im Streit mit Settembrini um Gott und die Welt. Der italienische Literat sorgt sich um die geistige Unversehrtheit Castorps. (49’45)

7. Teil:
Ein ganzes Jahr schon wohnt Castorp im Sanatorium. Der Vetter Joachim Ziemßen reist gegen den Rat der Ärzte ab, und auch Castorp wird von Behrens freigegeben. Er bleibt. Die Familie schickt einen Onkel, um nach dem verlorenen Sohn zu schauen. Doch der Onkel flieht nach wenigen Tagen Halsüberkopf. Bei einem Schneesturm kommt der mutwillige Castorp fast ums Leben. (53’10)

8. Teil:
Castorp erfährt von Naphta, dass Settembrini einer Freimaurerloge angehört. Der Vetter Joachim kehrt zurück, ernster erkrankt als bei seiner Abreise. Innerhalb weniger Monate stirbt er. Auch Chauchat trifft wieder ein, in Begleitung des Holländers Peeperkorn. Sie macht beide Verehrer miteinander bekannt. (53’30)

9. Teil:
Die imposante Erscheinung Peeperkorn hat eine starke Wirkung auf Castorp, was Clawdia Chauchat irritiert. Im Gespräch muss Castorp ihm alles von der Faschingsnacht mit Chauchat erzählen. Wegen seiner Impotenz begeht Peeperkorn Selbstmord. (53’30)

10. Teil:
Der große Stumpfsinn beginnt. Castorp bekämpft seine Langeweile mit Kartenlegen, einem Grammophon, dann mit Seancen. Naphta erschießt sich beim Duell mit Settembrini. Der Ausbruch des 1. Weltkriegs beendet Castorps siebenjährigen Aufenthalt. (53’50)

Thomas Mann (1875-1955) zog nach dem Tod seines Vaters mit seiner Mutter 1893 von Lübeck nach München. Dort war Thomas Mann zunächst Volontär einer Versicherungsgesellschaft. 1898 arbeitete er als Redakteur beim „Simplizissimus“. Nach Stationen in Oberammergau, Tölz, Davos, lebte er von 1914 bis 1933 wieder in München. 1929 wurde er mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Mann emigrierte 1933 über Holland, Belgien und Frankreich in die Schweiz. 1939 folgte er einem Ruf als Professor an die Princeton University (USA), später zog er nach Kalifornien. Während des Zweiten Weltkriegs nutzte er die BBC für Rundfunkansprachen, in denen er das Hitler-Regime scharf angriff. Ab 1952 wohnte er in der Nähe von Zürich. Wichtige Romane und Erzählungen sind „Die Buddenbrooks“ (1901), „Tonio Kröger“ (1903), „Der Tod in Venedig“ (1912), „Der Zauberberg“ (1924), „Josef und seine Brüder“ (1933-1943), „Dr. Faustus“ (1947) und „Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ (1954).
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* Siehe auch https://blog.montyarnold.com/2024/11/20/100-jahre-zauberberg/ und https://blog.montyarnold.com/2024/11/10/26657/

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