betr.: Handwerk der Comedy
Der Volkskomiker Heinz Schenk wurde einmal von einem Mann verklagt, weil er ihm angeblich einen Witz geklaut habe. Die Sache hätte als Präzedenzfall viel Leid über die Welt bringen können, doch das Gericht fällte ein wirklich weises Urteil. Es sei das Wesen des Witzes, weitererzählt zu werden, und daher sei die Klage gegenstandslos – unabhängig davon, ob der Kläger den Witz tatsächlich selbst erfunden habe.
Manche Gags oder Apercus tragen so sehr die Handschrift ihres Urhebers, dass es zwar nicht justiziabel, aber doch stoffelig wäre, sie sich selbst an den Hut zu stecken. Für diese Fälle gilt: am besten sagt man die Quelle einfach dazu, idealerweise vor der Pointe. Die Binsenweisheit, dass die Strafe immer den Überbringer der schlechten Nachricht trifft, weil der Verursacher nicht zur Hand ist, gilt nämlich auch in diesem Fall. Der Erzähler des Witzes verlängert nicht nur die belachte Programmpassage, er nimmt den Applaus gewissermaßen kommissarisch entgegen. Und es ist vollkommen unüblich, ihn später jemandem auszuzahlen.
Der Komiker Jürgen von der Lippe – der um eigene Pointen niemals verlegen ist – hat den Witz mit Quellenhinweis sogar zu einer eigenen Gattung erhoben.
Aus dem Essay „Humor Omnia Vincit“