Wie ich immer wieder höre, wird das aufregende Leben von Rockstars selten als aufregend empfunden, sobald diese in vorgerücktem Alter darüber schreiben. Wenn diese Leute ihre „Ausschweifungen zum Gegenstand ihrer Erinnerungen machen, ist das auf Dauer ermüdend. Daran kranken die meisten Autobiographien von Menschen, die in der Popmusik eine lange und erfolgreiche Karriere geschafft haben. Was sie zu erzählen haben, ist redundant, auch weil oft die literarischen Mittel fehlen“, heißt es dieser Tage ganz allgemein anlässlich einer solchen Neuerscheinung.
Ich kann dem nur zustimmen, und ich beziehe es auch auf die filmische Variante solcher Bekenntnisse: die zuletzt haufenweise erfolgreich gelaufenen Biopics singender Berühmtheiten. Ich will gar nicht bestreiten, dass mir Drogenerfahrungen (zumindest befristete), Parties und unmäßiger Sex (es muss ja kein heterosexueller sein) nicht gefallen würden oder tatsächlich gut gefallen hat. Aber ich finde es sinnlos, darüber zu lesen. Solche Dinge mögen sich spannend anfühlen, aber was bringt es, darüber zu reden oder davon zu hören? Unbestreitbar fähige Musiker wie Elton John (um mein Lieblingsbeispiel zu nennen) haben auf mich darüberhinaus die optische Anmutung eines Schalterbeamten. Über Freddie Mercury weiß ich, dass er seine wildeste Zeit ausgerechnet in München verbracht hat! Sowas will ich mir gar nicht vorstellen und auch nicht im Film ansehen. Außerdem hat man mir erzählt, dass er darin als dauergeprüfter Schmerzensjesus in Szene gesetzt wird. Welch ein Blödsinn! Freddie Mercury wird auch Probleme gehabt haben, aber er trug seinen hedonistischen Glamour sehr überzeugend zur Schau, und das Publikum liebte ihn dafür. Außerdem artet es in letzter Zeit in ein Dauerklischee aus, dass uns niemand mehr unter die Augen treten darf, ohne eine Depression vorweisen zu können – nicht mal posthum.
Ich genieße die Musik dieser Künstler lieber auf dem eigentlichen Originalmedium: dem reinen Tonträger, ohne die Klatschgeschichten und das ganze Dedöns.
Selbst die Biographien vom Filmstars sind nicht ganz so faszinierend wie ich es mir zu Beginn meiner Laufbahn als Freund der Popkultur vorgestellt habe – obwohl ich die darin geschilderten Filmsets großer Meisterwerke allemal spannender finde als Backstage-Bereiche, Whirlpools und verwüstete Hotelzimmer. Regisseure fristen im Vergleich die spannenderen Existenzen. Am packendsten sind die Biographien von Autoren (besonders von Schriftstellern, die in ihrer Jugend zur See gefahren sind). Aber auch die will ich nicht auf der Leinwand sehen. Dort bevorzuge ich das, was Musiker, Autoren, Regisseure und Schauspieler zuwege bringen, wenn sie nicht feiern, sondern arbeiten: erfundene Geschichten.
Am liebsten solche, die sich aus einem ereignisreichen und bewusst geführten Leben speisen.
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