Fast so skurril wie die alte BRD

betr.: 39. Todestag von Rudolf Platte / „Der Hit“ (ZDF 1978)

Als ein bis zuletzt fleißiger und fürs Fernsehen tätiger Schauspieler seiner Generation war Rudolf Platte eines der reifen Gesichter, die mich zuverlässig durch meine Kindheit begleiteten – und die dann urplötzlich verschwanden. Im Gegensatz zu Theo Lingen, bei dem es sich ganz ähnlich verhielt, war Platte ab dem Zeitpunkt seines Todes auf dem Bildschirm nicht mehr aufzufinden, gerade so, als sei über seine zahllosen sendefähigen Arbeiten eine Wiederholungssperre verhängt worden. Nur sein Gastspiel in der immer wieder aufflackernden Schwarzweiß-Serie „Der Kommissar“ tauchte auf, wenn es wieder an der Reihe war. Und schon hier erschien Platte ein alter Herr, scheinbar ein Mann ohne Vergangenheit. Es ist verstörend, wie wenig uns Heutigen von diesem großen Komödianten geblieben ist, dem sein Berliner Theaterpublikum angesichts des Erfolgs seiner Lustspiele einst den Ehrentitel „Langspiel-Platte“ verliehen hatte.

Kürzlich sah ich ihn wieder. Fritz Schaefer recherchiert gerade zu Thomas Fritsch, und ich erzählte ihm von einem seltsamen Film mit ihm, den ich in meiner Kindheit im Fernsehen gesehen habe. Den Titel bekam ich nicht mehr zusammen, aber ich erinnerte mich, dass Fritsch darin einen Schlagersänger namens Laurent Larouse gespielt hat. Fritz‘ Recherche brachte folgendes zutage: der Film war kein Film, sondern ein abgefilmtes Berliner Boulevardstück namens „Der Hit“. Und der Sänger „Larouse“ hieß in Wahrheit „Larose“.
Ich riet Fritz, sich eine DVD-Kopie vom ZDF zu ordern. Das kostet Geld und dauert lang, aber immerhin gehört das ZDF zu den wenigen Sendern, die einen solchen Service überhaupt noch anbieten.
Wir haben uns das Ergebnis natürlich zusammen angeschaut. Anstatt mit Paul Hubschmid, den ich in der Vaterrolle vermutet hatte, gab es ein Wiedersehen mit Rudolf Platte, den uns die Inszenierung allen Ernstes als Sohn von Käthe Haack verkaufen will. Um wiederum der Vater von Thomas Fritsch zu sein, wirkt er zu alt.

Das Stück wirkt wie aus der Werkstatt: so unfertig, dass es ans Absurde grenzt. Man fragt sich unentwegt, was den Boulevard-Fuchs Christian Wölffer geritten hat, etwas Derartiges ins Programm zu heben. Der deutsche Titel dieses Frankreich-Imports ist nicht nur unpassend (wenn schon, müsste er „Zwei Hits“ lauten), er ist derart verwechslungsträchtig, dass das Werk nicht mal bei einer Internet-Recherche ohne weiteres auftaucht (als hätte man’s geahnt). Wer es doch findet, der liest als Platzhalter für fehlende Einträge ein Zitat aus der Schlussszene von „Citizen Kane“: „Wir müssen alles aufschreiben. Den Plunder und die Kunst.“

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2 Antworten zu Fast so skurril wie die alte BRD

  1. Horst sagt:

    Die tolle „Stahlnetz“-Folge „Das Haus an der Stör“ wird alle paar Jahre mal wiederholt. Platte ist der Kommissar Roggenburg, der den ganzen Fall seiner Kollegin erzählt, bevor am Ende die Täter gefasst werden.
    Eine kleine Gastrolle hat Henry Vahl, ein weiterer Fernseh-Opa.

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