Kultfilme – Nachwort zum Redaktionsschluss

Fortsetzung vom 21. Mai 2024

Aber ist es nicht so, dass bei einem so unernsten Freizeit-Thema das säuberliche Abspalten der Geschmacksdiskussion von der Popkultur-Wissenschaft gar nicht funktioniert? Dürfen / müssen Kopf und Herz hier nicht unterschiedlicher Meinung sein?
Lieber nicht. Sonst könnte es passieren, dass ich (oder gewissenlosere Leute als ich es bin) „Ein Käfer gibt Vollgas“ als Kultfilm einsortieren, denn schließlich hat er mir und meinen sämtlichen Mitschülern irre gut gefallen, damals, als es im Pfarrsaal diese Super-8-Vorführung gab. Ich mag diese imbezile Klamotte mit Blacky Fuchsberger (und dem herrlichen Bösewicht Karl-Otto Alberty) immer noch, würde mich dabei aber ungern erwischen lassen. Und eine Weiterempfehlung hätte keinerlei Aussicht, irgendjemandem hilfreich zu sein, der Mitte der 70er nicht mit mir die Schulbank gedrückt hat.

Aber der Hauptgrund, warum es mir so unbehaglich erscheint, die Liste* nach dem Jahr ihrer Erstauflage 1985 noch wesentlich auszudehnen: es war just die Zeit, in der sich der VHS-Recorder als Alltagsgegenstand endgültig durchsetzte und mit ihm die Möglichkeit „für jedermann“, den Reklameslogan zu befolgen: „Werden Sie Ihr eigener Programmdirektor“! Und das ging so weiter mit DVDs, blu-Rays, Streaming und Mediatheken.
Ab jetzt war es keine Kunst und kein Bekenntnis mehr, Filmdialoge auswendig zu lernen und in kleiner Runde Lieblingsfilme zu zelebrieren.
Je nach Sichtweise gab es in der folgenden Zeit also täglich 1000 neue Kultfilme – oder gar keine mehr.
Noch einmal Hahn & Jansen in „Kultfilme“, der erweiterten Neuauflage: „‚Die Feuerzangenbowle‘ ist der einzige deutsche Film, der die strengen Vorgaben eines Kultfilms erfüllt: kleines Budget, ohne große technische Raffinessen produziert, ein typischer B-Film ohne hohen künstlerischen Anspruch, dessen Qualität sich durch Mundpropaganda bald, erst recht nach dem Krieg, herumsprach, und der deshalb immer wieder ins Kino kam.“

Und schon beginnen die Tücken und Widersprüche: auch „Metropolis“ (siehe Liste) ist ein deutscher Film, und der strotzt nur so vor Anspruch, Budget und technischen Raffinessen.

Ach ja …
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* Siehe https://blog.montyarnold.com/2024/05/15/25283/

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