betr.: 85. Geburtstag von Peter Bogdanovich
Nachdem er einige Zeit bei Roger Corman in die Lehre gegangen war, trat Peter Bogdanovich erstmals als Regisseur eines Films in Erscheinung. „Targets“ (1968) ist außerdem einer der ersten Filme, in deren Mittelpunkt ein Sniper steht. (Inzwischen ist das Treiben dieser Leute aus den Auslandsnachrichten nicht mehr wegzudenken.)
Knapp zehn Jahre später verwob Lars Gustafsson eine solche und weitere unerhörte Begebenheiten sind zu einem grotesk-witzigen Satyrspiel, das von einem anderen Spiel begleitet wird: „Die Tennisspieler“.
Ja, es war eine glückliche Zeit.
So lange danach fühle ich ganz deutlich, dass sie glücklich war.
Ich stand gewöhnlich morgens so gegen sechs Uhr auf, als die Luft noch einigermaßen kühl war. Zog ein Hemd und sehr verwaschene Jeans an, füllte meinen Rucksack mit einem Tennisschläger, sechs Bällen, Nietzsches „Jenseits von gut und böse“, einem Band von Brandes‘ „Hauptströmungen in der Literatur des 20. Jahrhunderts“, holte mein italienisches Fahrrad aus dem Parkhaus des Wohnblocks und raste einfach ins Morgenlicht hinaus, das um diese Zeit noch rosenfarben war. Ich erinnere mich noch, dass ich „Siegfrieds Rheinfahrt“ aus der „Götterdämmerung“ zu pfeifen pflegte. Meine Fahrt führte durch ein immer helleres, immer klareres Tageslicht zu einem Tennisplatz im Viertel jenseits des Lamar Boulevard in Austin im südöstlichen Texas.
Es gibt nichts Erholsameres nach einer Vorlesung, als auf dem Campus im Gras zu liegen. Du schaust in den blauen Himmel, hin und wieder schlendert ein Bekannter vorbei, du sagst „Hi“ oder sowas.
Der Turm der Universität wurde immer mit roten Scheinwerfern angestrahlt, wenn die „Texas Longhorns“ ein Spiel gewonnen hatten. Das sah aus wie ein enormer ekstatischer Phallus.
Es sind auch schon Studenten runtergesprungen. Damals – zu jener Zeit – waren es schon acht.
Die Zahl der Toten erhöhte sich aber beträchtlich an jenem sagenhaften Junitag des Jahres 1966. Es war mittags zur Essenszeit. Genau wie jetzt.
Menschen strömten aus den Universitätsgebäuden auf die Wiesen hinaus, massenhaft Leute waren in die verschiedensten Richtungen zu ihren gewohnten Essenslokalen unterwegs. Einer von ihnen war ein hervorragender englischer Atomphysiker, vorübergehend in einem der Labors zu Gast.
Ein sehr heißer Junitag. Plötzlich geschah etwas Unerwartetes.
Innerhalb von 30 Minuten sollten 13 Menschen tot sein.
Ein ehemaliger Marinesoldat, seit Monaten bei einem Studentenpsychiater in Behandlung, hatte den Nachmittag darauf verwendet, seine Mutter umzubringen und sich dann oben im Turm verbarrikadiert. Auf der Brüstung hatte er vier Hochleistungsgewehre mit Zielfernrohr installiert, eins für jede Himmelsrichtung. Vermutlich glaubte er, dass einem, der die Mutter umgebracht hat, die ganze Welt offensteht.
Als die Nationalgarde angerückt war, gab es ein lebhaftes Feuergefecht. Doch selbst Angriffe schwer gepanzerter Hubschrauber auf die Turmspitze scheiterten.
Schließlich nahm ein junger Hilfssheriff ganz einfach den Aufzug durch alle Bibliotheksetagen. Die gesamten 18 Stockwerke mühselig angehäufter Kultur durchfuhr er in einem knarrenden Lift und trat dann ruhig auf die Aussichtsplattform des 19. Stockwerks hinaus. Als er dir Tür öffnete, stand der Killer auf der anderen Seite des Balkons. Der Sheriff erschoss ihn mit einem einzigen gezielten Schuss.
Ein einigermaßen normaler Fall von Studentenneurose.