Der allerfeinste Hintersinn

betr.: 110. Geburtstag von Siegfried Lowitz

In der allgemeinen Wahrnehmung deutscher Krimihasen  ist „Der Alte“ Siegfried Lowitz nie so präsent gewesen wie „Derrick“ Horst Tappert, sein Kollege vom selben Krimi-Sendeplatz am Freitagabend im ZDF und tätig im selben Münchner Polizeipräsidium. Das hängt natürlich auch mit der viel kürzeren Amtszeit zusammen (1977-86, also 9 statt 24 Jahre) und damit, dass er unter den nämlichen Titel von teilweise erheblich niedriger versierten Kollegen abgelöst wurde; die Serie läuft noch immer, nunmehr in der 48. Staffel. (Michael Ande spielte seinen redlichen Assistenten – und den seiner Nachfolger – Gerd Heymann noch 30 weitere Jahre, über 400 Folgen lang.)
Lowitz profitierte davon, dass die Drehbücher (anders als bei „Derrick“) von einem ganzen Team geschrieben wurden, dem auch junge Talente und namhafte Gast-Schreiber (wie etwa Herbert Rosendorfer) angehörten. Die Qualität war unterschiedlich, aber insgesamt hochanständig – was Lowitz nach seinem selbstgewählten Ausstieg freilich in Frage stellte. Auch den Serientitel fand er ganz fürchterlich. Solche Vorbehalte merkte man ihm jedenfalls nicht an; seine Spielfreude war ungebrochen, bis ihm der spätere Bond-Bösewicht Christoph Waltz in der 100. Folge den Serien-Tod bescherte. Dem Nachruhm von Siegfried hat es nichts genutzt: niemand macht in der Bewertung zwischen ihm und den anderen ZDF-Kommissaren einen Unterschied, obwohl er mehr als diese – sogar mehr als der große Erik Ode – ein menschliches Wesen auf den Bildschirm brachte, das nur wenig von einer Kunstfigur hatte.

Siegfried Lowitz brachte ein unaufdringliches, verschmitztes Komödiantentum in das Format, das in dieser Form nicht einmal sein direkter Vorgänger, der famose Erik Ode, aufbieten konnte oder wollte. Er ließ dezent durchblicken, dass er manche Kollegen / Zeugen / Verdächtige etwas mehr oder weniger mochte als andere, was seiner Figur weitere Wahrhaftigkeit verlieh. Hatte Lowitz alias Erwin Köster ältere Herrschaften zu verhören (also Kollegen seiner eigenen Generation), kam es mitunter zu einer ganz besonderen Chemie, einem unausgesprochenen „Wir wissen doch beide, was hier los ist“. Das galt auch für seine Duette mit dem etwas jüngeren Henning Schlüter, der ihm in den ersten Jahren als blasierter Kriminaldirektor Millinger das Leben schwer machte. (In der 78. Folge „Perfektes Geständnis“ vom 9.3.1984 tritt diese herrliche Charge letztmalig auf.)
Ab und an griffen die Regisseure zu fiesen kleinen Tricks, um das großartige Spiel des Siegfried Lowitz noch weiter zu pimpen. Zbynek Brynych erzählt, auf die Episode „Der Freund“ habe er sich besonders gefreut, weil Lowitz hier auf Walter Sedlmayr traf. „Und die beiden haben sich dann auch gehasst wie die Pest. Nun bin ich aber jemand, der nie genug Spannung haben kann. Also bin ich von Zeit zu Zeit in den Wohnwagen vom Lowitz gegangen und hab gesagt: ‚Herr Lowitz, der Sedlmayr ist doch wirklich ein guter Schauspieler, nicht wahr?‘ Und so bekam ich, was ich haben wollte.“

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