Die wiedergefundene Textstelle: „Die unglaubliche Geschichte des Mr. C.“ (Epilog)

betr.: 108. Geburtstag von Jack Arnold

„Die unglaubliche Geschichte des Mr. C.“ ist eine Literaturverfilmung, deren Regisseur Jack Arnold ein besonderes Kunststück gelingt. Wenn man die Vorlage kennt – die naturgemäß um einiges umfangreicher und ausführlicher ist -, sieht man die fehlenden Szenen im Stil der Filmbilder vor sich, so als erinnerte man sich daran, sie darin tatsächlich gesehen zu haben.
Neben den Zeitgründen, die diese Sequenzen im Film verhindert haben, sind es vor allem sittliche Erwägungen des damaligen Zeitgeistes (das betrifft z.B. das allmählich ersterbende Sexualleben des Helden und seiner Ehefrau, das sich in erschütternden Dialogen ausdrückt). Das Schlusskapitel wiederum ließ die technischen Möglichkeiten der späten 50er Jahre an ihre Grenzen kommen. Es wird im Film in einem Monolog aufgelöst, der die Wunder, die unser immer winziger werdender Held von nun an schauen darf, andeutet und in Optimismus auflöst. Sein Blick schweift aufwärts, und wir sehen Bilder des Weltalls. Es ist ein sehr philosophischer Schluss von geschmackvollem Pathos.
In Richard Mathesons Erzählung „The Incredible Shrinking Man“ richtet sich sein Blick vorwärts (aus der Perspektive des Lesers: nach unten) und zeigt uns die mikroskopische Welt, in der Robert Scott Carey nun weiterleben wird. Es ist ein Aufbruch, der so auch am Anfang eines Romans stehen könnte.

Gestern nacht hatte er zum äußeren Universum hinaufgeschaut. Aber anscheinend gab es auch ein inneres Universum. Vielleicht sogar mehr als eines.
Er stand wieder auf. Warum hatte er nie an diese Möglichkeit der mikrokosmischen und submikroskopischen Welten gedacht? Dass es sie gab, hatte er gewusst. Aber er hatte nie die offensichtliche Schlussfolgerung gezogen. Er hatte immer nur in den Begriffen der Menschheit und ihrer Beschränkungen gedacht. Er hatte sich über die Natur erhoben. Denn das Metermaß war eine Erfindung des Menschen. Und für einen Menschen waren null Zentimeter so gut wie nichts.
Für die Natur aber gibt es kein Nichts. Das Dasein setzt sich in unendlichen Zyklen fort.
Dieser Gedanke schien ihm jetzt so einfach. Er würde niemals völlig verschwinden, weil es im Universum keinen Endpunkt der Nicht-Existenz gibt.
Zuerst erschreckte ihn die Idee, eine Dimension nach der anderen in endlosen Stadien zu durchschreiten.
Dann dachte er: wenn die Natur auf unendlich vielen Stufen existiert, dann vielleicht auch die Intelligenz.
Vielleicht brauchte er ja nicht allein zu bleiben?
Plötzlich begann er, auf das Licht zuzulaufen.
Und als er es erreichte, stand er in stummer Ehrfurcht da und bestaunte die neue Welt mit ihren Flächen von üppiger Vegetation, ihren schimmernden Hügeln, ihren hohen Bäumen und ihrem Himmel von Pastelltönen.
Es war ein Wunderland.
Es gab vieles zu tun und vieles zu denken. Sein Gehirn vibrierte vor Fragen und Ideen und – ja, auch wieder von Hoffnung.
Nahrung musste gefunden werden – Wasser, Kleidung, Unterschlupf. Und das Wichtigste von allem: Leben!
Wer weiß? Vielleicht fand er nun dort drüben irgendwo Lebewesen – Geschöpfe, die ihm ähnelten, mit denen er Gedanken austauschen konnte.
Scott Carey rannte suchend in seine neue Welt hinein. Er würde sie erforschen.

ENDE

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