Nach der US-Wahl

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung bat eine Reihe amerikanischer Autorinnen und Autoren, sich zum Ausgang der US-Wahl zu äußern. Pulitzer-Preisträger Joshua Cohen gab das kürzeste Statement ab, und der zentrale Satz lautete: „Wir müssen aufhören, das Nichtpolitische (Unterhaltung, Religion) im Politischen zu suchen.“
Wenn ich diesen interpretierfähigen Satz im Sinne Cohens korrekt auslege, dann stellt er den ersten Fall dar, in dem ein anderer Mensch als ich selbst einen bestimmten Gedanken ausspricht, der mich schon lange beschäftigt. Ich habe mit Sorge den Siegeszug solcher Figuren wie Berlusconi oder Boris Johnson beobachtet, die man früher schon wegen ihrer Unseriosität vom Hof gejagt hätte. Ihre Salonfähigwerdung, die politischen Karrieren, die ihnen inzwischen offenstehen, weil das jeweilige verblödete Wahlvolk ihre weniger offensichtlich verkommenen Konkurrenten offenbar auch weniger amüsant findet, ist nach meiner Überzeugung eine Folge des Niedergangs unserer Unterhaltungsindustrie. Das Volk braucht Unterhaltung, es bekommt sie nicht länger dort, wo es sie sie zu finden hofft (auf dem Smartphone etwa) – oder zumindest nicht in ausreichendem Maße – und meint nun, sich beim Ausüben seines Wahlrechts amüsieren zu müssen.
Ich wüsste zu gern, ob Mr. Cohen das auch denkt, oder ob er etwas völlig anderes gemeint hat.
Er hat jedenfalls recht.

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