Plansequenz / One-Shot

In den 80er Jahren bezeichnete man als einen One-Shot einen Comic, der trotz der insgesamt epischen Erzählweise der Serie, der er angehörte, ein abgeschlossenes Abenteuer in einem Heft erzählte. Die inzwischen durch epische Verfilmungen populär gewordenen Marvel-Comics gebrauchten diesen Begriff im Dialog mit ihren Lesern in bezug auf solche vereinzelten Abenteuer ohne Cliffhänger.
Heute meint man damit umgangssprachlich das, was in der Fachsprache „Plansequenz“ genannt wird: eine durchgehende Kameraeinstellung ohne (sichtbaren) Schnitt.
Im Stummfilm war sie zu Beginn üblich, der Schnitt war noch nicht erfunden bzw. zufällig entdeckt worden. Als künstlerisches Stilmittel wurde sie erst viel später eingesetzt, besonders prominent in Hitchcocks erstem Farbfilm „Rope“ („Cocktail für eine Leiche“), das war 1948. Als formales Experiment, einen ganzen Film ohne Schnitt durchzuhalten (und bei den damals unvermeidlichen Rollenwechseln zu mogeln), wird „Rope“ noch immer geschätzt, an der Kasse enttäuschte er. Als Hitchcock in seinem nächsten Film „Under Capricorn“ einzelne wohlerwogene Passagen wiederum in Plansequenzen anlegte, hat man ihm das vorgeworfen. Fazit: die lange Einstellung war ab jetzt endgültig auch für den Betrachter / Kritiker ein erkennbarer Effekt.  
Von den Regisseuren unserer Tage, die Plansequenzen einzusetzen verstanden, ohne sich dem Verdacht der Faulheit, der Prätention oder der Effekthascherei auszusetzen, ist vor allem Michael Haneke zu nennen. Ganz so unverdächtig ist der populärste Fall nicht: der Thriller „Viktoria“ (Regie: Sebastian Schipper, sechs Deutsche Filmpreise 2015). Er drehte im Abstand von einer Woche drei schnittfreie Komplett-Durchläufe, bis er zufrieden war.
Eine Zeitlang wird uns der One-Shot nun häufiger begegnen. In der Serie „The Studio“ wurde er unlängst sogar thematisiert. Der von Seth Rogen gespielte neue Boss Matt Remick darf dazu ausrufen: „Es ist die ultimative cineastische Errungenschaft: Die perfekte Verbindung von Kunst und Technik!“ – und sich mal so richtig als Cineast fühlen.

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