Arthaus is not a home

Der heutige Kino-Mainstream ist so beschaffen, dass ich mich dabei ertappe, beim Erklingen des Wortes „Arthaus“ spontane Freude zu empfinden. Ganz einfach weil „Arthaus“ quasi das andere Extrem von „Mainstream“ bedeutet, also mindestens das Gegenteil. Freilich verfliegt dieses Glücksgefühl sofort wieder – schließlich ist der Feind meines Feindes nicht automatisch mein Freund.
Wie fremd mir das Repertoire schon immer ist, das unter diesem Begriff verstanden wird, machte mir die Lektüre des Buches „Sein oder Spielen“ von Dominik Graf neuerlich bewusst (es war an dieser Stelle schon die Rede davon).
Der Autor legt sich nicht fest, wie viel ihn grundsätzlich mit seiner Filmemacher-Generation verbindet, aber seine Biografie bringt es mit sich, dass ihm die Szene der  Autorenfilmer näher ist als das Personal des amerikanischen Gangsterfilms oder des Poetischen Realismus. Seine Projekte führten eher Gudrun Landgrebe oder Tobias Moretti vor seine Kamera als Barbara Stanwyck oder John Wayne.

Wenn er auf das Thema „Neuer Deutscher Film“ zu sprechen kommt, überzieht mich allein das Name-Dropping zugleich mich Horn- und Gänsehaut, ebenso die Schilderung des Klimas, in dem dessen Vertreter ihr Handwerk erlernten. Wenn Graf den „strengen cineastischen Ewigkeits-Code“ beschreibt, der Mitte der 70er durch die Säle der Münchner Filmhochschule wehte, kommt man kaum auf den Gedanken, dass ein Kinobesuch damals mit dem Slogan assoziiert werden wollte: „Mach die ein paar schöne Stunden!“. Selbst aus dem US-Kino der 30er und 40er Jahre (eine tolle Zeit, wie ich finde), suchte der „Filmgeschichte-Dumbledore“ Helmut Färber vor allem das große Epos auf. Er „führte den Diskurs, betrieb eine Art Rückführung zum Heldenzeitalter der Kino-Anfänge, propagierte eine Reinwaschung des Auges, weg vom Hedonismus der hastigen Bilderflut der Hippie-Zeit. Am besten wieder ganz zurück auf Los, zum ästhetischen Kinobild als solchem, am besten schwarz-weiß, so als würde man einen Altar zum Vorbild nehmen. (Neben dem alten Hollywood galten in diesem Kodex nur noch der Däne Carl Theodor Dreyer, der Japaner Ozu Yasujiro und das filmende Ehepaar Huillet/Straub als Lehrmeister.)“
Dominik Graf und seine jungen Kollegen haben sich darauf nicht eingelassen und die Flucht ergriffen. Graf selbst nennt die Schwurbeleien des Herrn Dumbledore heute diplomatisch „eine Art blaue Blume beim Filmemachen“.
Doch es ist eben leider nicht so, dass solche Pädagogik die jungen Künstler zu Hawks, Wilder oder Hitchcock gescheucht hätte. Oder zu den MGM-Musicals.
Wie das eben so ist mit den Feinden meines Feindes …

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