Als Gene Kelly diesen Song 1951 zum Klassiker machte, war der schon 22 Jahre alt, und diverse MGM-Stars hatten ihn interpretiert. Es gibt zwar eine hübsche französische Textfassung („Je chante sous la pluie“), aber die deutsche Version “Ich bin heut ganz verdreht” war so mißglückt, dass die – ansonsten brillante – Synchronfassung des Films zurückgezogen und die Musiknummern wieder in den Originalton versetzt werden mußten.
Meine Übersetzung erlaubt sich den Kniff, den Refrain “rotieren” zu lassen und sich in eine Rage hineinzusteigern, die erst durch das Hinzutreten des strengen Polizisten (dem aus Gene Kellys klassischer Interpretation) gebremst wird.
Nacio Herb Brown schrieb die Musik, Arthur Freed den Originaltext.
Ich singe unterm Schirm (Singin‘ In The Rain)
(Freed / Brown / Arnold)
Ann ist gegangen und auch die Lulu,
stumm ist die Kasse, der Schalter bleibt zu,
Feinkost Kowalke schreibt mir nichts mehr an,
keiner fällt hin, dem ich aufhelfen kann.
Auf steigt die Miete, die Steuer dito.
Mein Alligator lebt wieder im Zoo.
Niemand verlegt die Gedichte von mir,
auch meine Oper liegt im Altpapier.
Mein roter Käfer ist längst moribund.
Mein Zahnarzt scheut mich, das hat seinen Grund.
Trüb ist der Himmel, das Kanzleramt lügt –
was soll ich sagen, ich bin so vergnügt!
Refrain:
Ich singe unterm Schirm, ich singe unterm Schirm,
ich umgeh jede Lache, darin bin ich firm.
Dringen Schlick auch und Schleim in den Stiefel mir ein –
bin eh völlig naß, also laß ich es sein.
Wenn auch Petrus mir grollt, mich die Flut überrollt,
ein VW rauscht vorbei bis ich schlabber und spei.
Ich wat‘ im Quarrée, wring aus meinen Zwirn
und singe, singe unter’m Schirm.
Ich singe unterm Schirm, ich tanze unterm Schirm,
es bläst der Orkan mir den Hut von der Stirn.
Es formt sich ein Teich, doch das ist mir gleich,
dicht vor C&A, da zerbricht grad ein Deich.
Und es fegt der Brouillard jeden Wicht vom Trottoir,
liegt verwaist der Boulevard, bin ich immer noch da.
Es jagt mich ein Hai quer durch die Walachei,
ich erklimm eine Boje und laß ihn vorbei.
Ich genieße die Sicht, im Finanzamt brennt Licht,
und es knirscht wie Musik eh es völlig zerbricht.
Was seh ich voll Freud? Lauter finstere Leut
gehn unter wie nichts, ach es hat mich gefreut.
Und so mancher ertrinkt, der seit Jahren mir stinkt:
ich begrüß meinen Klempner bevor er versinkt.
Auch mein Fernsehmonteur ist zum Schwimmen zu schwer,
meiner Schwester Susann nützt das Erbe nichts mehr.
Auch mein Turnlehrer schreit – endlich ist es soweit!
Selbst die Schwimmlehrerin ist für immer dahin.
Ja, sogar die Jury von der Akademie,
rudert mit allen Vier’n, dennoch ist sie perdü.
Und ich fühle mich nun mächtig, so wie Neptun,
zornig lenk ich die Gischt, bis sie brodelt und zischt.
Ich hab diese Stadt doch seit Jahren so satt,
das Problem ist gelöst, sie verschwindet im Watt.
Dieses perlende Naß, ja es macht sogar Spaß.
Ich zerstör ungehemmt gleich den ganzen Kontinent.
Was sich jetzt noch bewegt, wird auf Grundeis gelegt!
Eure eigene Schuld – ich hatt lange Geduld!
Und ich fühle mich an
wie ein See-Dschingis-Khan,
wie ein Bond-Bösewicht,
der Euch eines verspricht:
Mich reitet der Wahn, es birst mir das Hirn!
…
(Ein Polizist tritt hinzu und verschränkt mahnend die Arme. Der mittlerweile völlig durchnässte und schlammbesudelte Sänger fühlt sich erwischt, verstummt, schämt sich, verschenkt seinen Schirm an einen Passanten und singt das Lied halblaut abgehend zuende.)
Oh – verzeih’n Sie –
ich singe unterm Schirm.