Die wiedergefundene Textstelle: „Die Erstürmung der Höhe 101“

betr.: 109. Jahrestag der Entlassung des „Hauptmanns von Köpenick“ aus der Haft

Eingeliefert zu werden, von Verantwortung entbunden zu sein und klare Ansagen zu bekommen, ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Wohinein, ist da geradezu nebensächlich. Graham Greeene verglich in einer seiner Erzählungen die Erleichterung, die den männlichen Homo sapiens beim Einzug zum Militär überkommt, mit der Einweisung ins Krankenhaus. Die im Hinblick auf die deutsche Geschichte oft rhetorisch gestellte Frage, wie es „dazu“ kommen konnte, dürfte also beantwortet sein.

In Szene 8 im 2. Akt von „Der Hauptmann von Köpenick“ darf sich der Held als doppelt ein- und ausgeliefert betrachten. Als Zuchthäusler ist er an einen Gefängnisdirektor geraten, der es als seine persönliche Pflicht ansieht, die ihm Anempfohlenen mit den Tugenden des preußischen Soldatentums vertraut zu machen.
Wieder auf freiem Fuß, erfährt Voigt, wie wichtig es ist, dabei eine Uniform zu tragen. (Wie man sich erinnert, haben sich im Dreißigjährigen Krieg die Landsknechte aus Versehen auch schon mal gegenseitig erschossen. Mit dem Aufstieg Preußens entwickelte sich ein Heer, das solche Verwirrungen mit einheitlichen Uniformen beendete.)
Für mich ist diese Szene der humoristische Höhepunkt des Stückes. Hier offenbart Zuckmayers „deutsches Märchen“ (nach einer wahren Begebenheit) ganz unverstellt sein eigentliches Genre: die gehobene Militärklamotte.

Diese Szene spielt um die Jahrhundertwende in der Zuchthauskapelle der preußischen Strafanstalt Sonnenburg, einem nüchternen Vortragssaal mit erhöhtem Podium. Der Direktor gedenkt am heutigen Sedantag der Kapitulation der französischen Armee am 2. September 1870.

DIREKTOR: Kommen wir wie-
Zuck4
Zuck5
Zuck6rm

Wie wir uns erinnern, behielt der Direktor recht: dieser „vaterländische Unterricht“ war dem Helden später noch überaus nützlich.

Auszug aus den Taschenbuch ISBN 3-596-27002-2

Dieser Beitrag wurde unter Gesellschaft, Kabarett und Comedy, Literatur, Theater abgelegt und mit , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert