Die schönsten Filme, die ich kenne
Einführende Worte
Den einen Lieblingsfilm gibt es bei mir nicht. Dafür liebe ich wohl einfach zu viel und zu gern.
Überhaupt sollte man mit diesem Begriff vorsichtig sein. Man muss sich frühzeitig mit seinem Gegenüber darüber verständigen, was er eigentlich bedeutet. Michael Haneke bezeichnet einmal Pasolinis zwischen Lächerlichkeit und abstoßendem Unfug angesiedelten „Salò“ als Lieblingsfilm. Als der irritierte Interviewer nachfragt, klärt sich die Sache auf: Haneke bewundert die Reaktionen des Publikums auf dieses Werk („kontrovers“ nennt man sowas) und wünscht sie sich auch für seine Arbeit. Nochmals anschauen wollte er es sich allerdings nicht. – Gut, dass wir darüber gesprochen haben.
Hin und wieder treffe ich auch Kunstfreunde, deren Kriterien mir auf andere Weise fremd sind. „Der Film hat viel für die Rechte der Fabrikarbeiter bewirkt!“ sagt man mir dann etwa. Oder „Der Hauptdarsteller spendete regelmäßig für notleidende Kinder“. Solche Dinge lassen mich als Mensch gewiss nicht kalt, aber sie haben rein gar nichts mit dem Genuss des Schönen zu tun. Das funktioniert auch dann (nicht), wenn es umgekehrt heißt: Diesen Film darf man nicht mögen, weil der Autor ein Arschloch war, das in der McCarthy-Ära Kollegen denunziert hat.
Hellmuth Karasek erweckte mit dem Titel seines Buches „Mein Kino“ zwar den Eindruck einer persönlichen Auswahl, war aber doch an der Zusammenstellung eines (weiteren) Kino-Kanons interessiert, also an 100 Klassikern, die ihm nicht alle gleich gut gefallen haben können.
Zwar gibt es auch in meinem Kino diverse Klassiker, aber mindestens ebenso viele der Filme, die dort immer wieder laufen (der Ton liegt auf „immer wieder“), gehören gewissermaßen mir. Selbst meine Freunde haben sie häufig noch nicht gesehen. Diese Erlesenheit hat einen Nachteil: wenn es mir mit einigen meiner Favoriten bisher nicht gelungen ist, sie meiner Sammlung einzuverleiben, besteht die Gefahr, dass es mir mit ihnen so ergeht wie Haneke mit seinem Pasolini – nur eben unfreiwillig.
Hochspannend sind übrigens auch Unterhaltungen über jene Filme, die man von ganzem Herzen ablehnt, obwohl sie vom Rest der Welt geliebt werden. Leider verstehen die wenigsten Menschen zu streiten, und daher sind solche Unterhaltungen stets schnell zuende und haben mitunter Folgen, die die Sache dann auch wieder nicht wert sind. Schade.
Zu gerne würde ich der Menschheit begreiflich machen, dass „Forrest Gump“ kein bisschen intelligenter ist als seine Hauptfigur, wie verlogen und gehaltlos fast sämtliche Filme mit Robin Williams sind und dass man sich vor Regisseuren in Acht nehmen sollte, die sich auf jedem Filmmeter beim Publikum anbiedern (und das auf eine Weise, die wenig Respekt vor der Intelligenz des Zuschauers erkennen lässt) – wie z.B. Steven Spielberg. Aber das geht ja leider nicht – siehe oben.
Ich werde mich also in der Rubrik „Die schönsten Filme, die ich kenne“ um die erfreulichen Fälle kümmern und mir dabei vieles verkneifen: zu „Citizen Kane“ und „Rio Bravo“ (die ich wirklich liebe), zu den ganzen Meisterstücken von Hitchcock und Wilder wurde bereits genug gesagt. Wenden wir uns also den abwegigen und unerwarteten Filmkunst- und Machwerken zu.
Vielleicht streiten wir uns ja dann doch ein bisschen.