Der Engländer hat kein Papier!

betr.: 118. Geburtstag von Hermann Ehlers

Ein beinahe papierloser Ort in England …

Hermann Ehlers, evangelischer Oberkirchenrat aus Oldenburg und stellvertretender Vorsitzender der CDU, sagte Anfang 1954, zehn Monate vor seinem plötzlichen Tod, in einem Radiogespräch:

Die Engländer sind so schlau, dass sie nur für die Hälfte der Abgeordneten Plätze haben. Das ist eine ausgezeichnete Sache, dadurch wird der Kreis von vorneherein kleiner. Die Engländer haben im Gegensatz zu uns auch keinen Tisch vor sich. Wir Deutschen meinen immer, da wir ununterbrochen arbeiten, müssten wir viel Papier auf dem Tisch haben: Gesetzblätter, Drucksachen, Kursbücher, Zeitungen, den „Spiegel“ … und müssten ununterbrochen darin lesen. Der Engländer hat überhaupt kein Papier. Wir überschütten unsere Abgeordneten mit Papier. Im ersten Bundestag haben wir über 4000 Drucksachen verteilt. Und das waren nicht etwa einseitige Blätter. Eine Drucksache im Bundeshaushalt 1954/55, der 27 Milliarden umfasst, ist ein Stapel Papier, der sicher viereinhalb Kilo wiegt. Ich gehe natürlich nicht davon aus, dass alle alles lesen. Aber sie heften es ab. Dann hat man solche Bände von Drucksachen, Protokollen, Bundesgesetzblättern … Der Engländer hat einen Schalter, an dem er die Blätter bekommen kann – wenn er will. Meistens will er gar nicht.
Wenn er Minister oder Oppositionsführer ist, legt er die Füße auf den vor ihm stehenden Tisch – das ist das Vorrecht dieser Leute – und man spricht miteinander. Wir sind zu verkrampft.
Wir haben Papier.

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