Welcher Letzte machts am besten?

betr.: 55. Jahrestag des Starts der Serie „Late Night Horror“ nach Richard Matheson

Im Gegensatz zu den meisten Schriftstellern von vergleichbarem Wert durfte Richard Matheson seinen Ruhm nicht nur miterleben sondern sogar dadurch befeuern, dass er den Verfilmungen seiner Werke zahlreiche Originaldrehbücher hinzufügte.
1954 brachte er die Dystopie „I Am Legend“ heraus, seinen ersten Roman, nachdem er bereits mit Kurzgeschichten Aufsehen erregt hatte.* Der Wissenschaftler Robert Neville lebt darin als letzter Mensch auf Erden in einer Welt von Vampiren. Nachts verbarrikadiert er sich in seinem zu einer Festung ausgebauten Haus, tagsüber durchstreift er das Land auf der Suche nach Nahrung, Waffen und anderen Dingen des täglichen Lebens. Hin und wieder fängt er eines der Nachtgeschöpfe, um Experimente durchzuführen, doch auch die Untoten ruhen nicht …


Von diesem Buch sah Matheson drei** Verfilmungen unterschiedlicher Qualität und Atmosphäre Gestalt annehmen.
1963 tritt Vincent Price als „The Last Man On Earth“ auf. Der triste, schäbige Film von Ubaldo Ragona verpasst gleich zwei historische Gelegenheiten. Seine Untoten hinterlassen keinen Eindruck – George A. Romero hat den Zombie fünf Jahre darauf in den Kosmos der Popkultur eingebracht, wo er bis heute nicht gestorben ist. Die definitive Konzeption des Endzeit-Films wiederum überlässt der Film Alfred Hitchcock, der sie beinahe gleichzeitig im dritten Akt von „The Birds“ vornimmt. 
1971 inszeniert Boris Sagal „The Omega Man“. Hauptdarsteller ist der gefeierte Bibelfilmstar Charlton Heston. Orson Welles hatte ihm am Set des Thrillers „Touch Of Evil“ von Mathesons Buch vorgeschwärmt, und nachdem Heston unlängst ins SF-Genre gewechselt war, wollte er diese Empfehlung nun umsetzen und den messianischen Funken noch ein wenig weiterschlagen. Der Film wirkt heute recht campy, doch er macht eigentlich alles richtig. Die käsigen Seuchenkrüppel in ihren Kutten sind so abscheulich und provozierend, weil sie als selbstgerechte religiöse Gemeinde gezeichnet werden: die „Brüder“ (beiderlei Geschlechts) betrachten sich als Erleuchtete und  verbrämen ihr Mord- und Zerstörungswerk als Erlösung.
Will Smith hingegen hat es 2007 in „I Am Legend“ mit viehischen Bestien zu tun, was ihre Wirkung nicht über einen handwerklich sauberen, aber seelenlosen Grusel-Effekt hinauskommen lässt. Gefährlicher als alle Zombie-Attacken ist für den Helden ohnehin die eigene Rührseligkeit – als ein knuffiger Daddy, den das Ende der Menschheit vor allem daran hindert, mit seinen Süßen auf dem Sofa zu sitzen. Er ist in guter Gesellschaft, denn mittlerweile ist ja sogar James Bond ins Lager der schluchzenden Pantoffeltierchen abgewandert.
Eine derart verstörende Mutation hat sich nicht mal Richard Matheson einfallen lassen.
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* Siehe https://blog.montyarnold.com/2014/11/20/bart-simpsons-siamesischer-zwilling/
** Nicht mitgezählt, aber erwähnt sei noch die Billigkopie „I Am Omega“, die dem Film „I Am Legend“ ein knappes Jahr später nachfolgte und nur auf DVD erschien.

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