Ballern wie die Macker

betr.: arte-Doku über Sigourney Weaver

Die Verdienste der Künstlerin Sigourney Weaver sind unbestritten, doch leider lässt die Sendung „Sigourney Weaver: Actionheldin und Stil-Ikone“ den Entertainment-Faktor beiseite und kreist beinahe ausschließlich um einen Aspekt, der mindestens angreifbar ist. Dass Weavers Darstellung der Eleanor Ripley in dem Filmklassiker „Alien“ (1979) und dessen Fortsetzungen die erste vergleichbar selbstbewusste weibliche Figur im Kino gewesen sei, ist jedenfalls Unsinn. Keine/r hier scheint je etwas von abgründigen Stars des frühen Tonfilms wie Bette Davis und Barbara Stanwyck und deren Rollen, von Komödiantinnen wie Katherine Hepburn und Carole Lombard, von politisch bewegten Idolen wie Jane Fonda, frechen Mädchen wie Tatum O’Neal in „Paper Moon“, von schlagkräftigen Kunstfiguren wie Emma Peel (sowie deren Darstellerin Diana Rigg) oder Modesty Blaise gehört zu haben – wenn Fernsehen und verfilmter Comic hier auch eine Rolle spielen dürfen und um nur einige Beispiele zu nennen. (Marlene Dietrich wird immerhin in einem Nebensatz erwähnt, offensichtlich aber ohne sich über deren Lebensleistung im Klaren zu sein.)
Aber nicht nur von unserer Popkultur, auch von Feminismus haben die wenigen immer wieder eingeblendeten „Fachleute“ einen irritierend engen Begriff, erschöpft sich ihr Bild von weiblicher Selbstbestimmung doch in Posen, die man bei Männern zunehmend als überholt und schon immer als Zeichen von unfroher Schlichtheit betrachtet. Im Vergleich mit den maskulin-militaristischen Methoden der Astronautin und Soldatin Ripley und ihrer Nachahmerinnen sehen die zuvor genannten Kolleginnen sogar noch fortschrittlicher aus.
Ganz besonderes Lob erntet Sigourney Weaver folglich nicht etwa für eine schauspielerische Glanzleistung, sondern dafür, dass sie als Insassin eines Laderoboters zu einer Art Monster-Cyborg heranwächst, der der Alien-Königin im zweiten Beitrag der Serie ganz besonders effektiv auf die Fresse geben kann (nicht ohne diese zuvor – Gipfelpunkt der Emanzipation! – als „Bitch“ bezeichnet zu haben).

Auch unter dem simpelsten Gesichtspunkt geht „Sigourney Weaver: Actionheldin und Stil-Ikone“ daneben, nämlich dem, dass eine solche Kulturdoku ihren Gegenstand und dessen Repertoire gern gut aussehen lässt. Die Filmographie von Sigourney Weaver wirkt in dieser Präsentation kleiner als man sie in Erinnerung hat (und als sie tatsächlich ist). Dazu trägt wiederum die feuilletonistische Ahnungs- und Standpunktlosigkeit der Autoren bei. So wird beispielsweise der kontraproduktive vierte Beitrag der „Trilogie“ um das Alien (ein typischer Jean-Pierre Jeunet-Kitsch im leicht verdreckten Alge-Urin-Look) abgefeiert, als stünde er ebenbürtig in der bemerkenswert gelungenen Reihe der ersten drei Filme. Es sind kumpelhafte Nachlässigkeiten wie diese, die die ständig abgesonderten Superstar-Superlative so unbehaglich ins Leere laufen lassen.

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