Der Erfinder von Deodorant und Drei-Gänge-Menü

betr.: Radio- bzw. Mediatheken-Tipp

Abul-Hasan Alí Ibn Nafí, genannt Ziryab, kam im 9. Jahrhundert auf die iberische Halbinsel und begründete dort eine Lebensart, die weiter nach Norden wanderte, von den Christen adaptiert wurde und uns heute selbstverständlich erscheint (anders als in Bagdad). Ich habe mir sagen lassen, das Verhältnis der Christen zu den Moslems solle damals zwiespältig gewesen sein: „Sie haben zwar die falsche Religion, aber irgendwie riechen sie besser, sie haben die cooleren Klamotten, die besseren Ärzte, das spannendere Essen, die schöneren Städte, und sie haben diese wahnsinnig interessante Musik.“ Ziryab gründete außerdem eine Musikschule, die Männer und Frauen besuchen durften.

Woher ich das alles weiß? Ich bin zufällig in die vierte Staffel einer segensreichen Sommerloch-Stopf-Maßnahme des ORF-Kultursenders Ö1 hineingeraten, die der ORF-RSO-Fagottist Leonard Eröd ursprünglich als Podcast gestaltet.
Dass mir gut geskriptete Podcasts häufig größeres Vergnügen als freie Dialoge, die wohl mancherlei enthalten, doch hauptsächlich Gelaber, trieb mich kürzlich zu einer Reihe konzeptioneller Entscheidungen, deren erste Ergebnisse seit gestern online sind („Alle 42 Kultfilme“, der ST. GEORGE HERALD berichtete).
Heute bin ich nur – zufälliger – Zuhörer. Als ich einschalte, erzählt Herr Eröf gerade, dass man sich Abul-Hasan Alí Ibn Nafí als Influencer vorstellen solle. „Er ist schon in Bagdad bald so legendär, dass ihn der Emir von Cordoba an seinen Hof einlädt. Das Emirat von Cordoba, das sich fast über die ganze iberische Halbinsel erstreckt hat, war damals der westlichste Ausläufer der arabischen Welt. Und die Stadt Cordoba selbst, in der Muslime, Juden und Christen friedlich zusammenlebten, ist nach Bagdad sicher die zweitwichtigste Stadt des Kulturraums gewesen. Ziryab taucht dort also im Jahr 822 auf, und alle drehen völlig durch. Weil er nicht nur die neuesten Lieder und Instrumente aus Bagdad mitbringt [etwa die Oud – La Oud -, von deren Namen sich unser Begriff „Laute“ ableitet], sondern auch abgesehen davon ein Trendsetter ist. Er kleidet sich elegant und je nach Anlass und Tageszeit unterschiedlich. Er schneidet sich die Haare, er rasiert sich das Gesicht, er trägt Parfum, er benutzt Zahnpasta und Deodorant – angeblich sogar von ihm selbst erfunden. Überhaupt hat er sehr hohe Hygienestandards. Er empfiehlt, zweimal am Tag zu baden und natürlich hat er auch für die Damen allerhand Frisuren- und Modetipps. Außerdem war er ein begabter Koch und hat das Dreigang-Menü erfunden: Suppe, Hauptspeise, Dessert …“

So geht das die ganze Zeit.
Ist es nicht irre, was der Mann zu erzählen hat?
Die Ö1-Serie „Warum Klassik?“ von Leonard Eröd hat noch 6 weitere Folgen, die samstagsvormittags ausgestrahlt werden.

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